Anonymes Schreiben
Ruhland sieht Brief als Beleidigung
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Anonymes Schreiben landete im Briefkasten von Michael Ruhland. Er erstattete Anzeige.
Von Nadja Lehmann
Einen Brief zu bekommen, ist in Zeiten von E-Mail und WhatsApp eine schöne Sache geworden. Doch bei Michael Ruhland war das jüngst anders. Schon der Umschlag machte ihn stutzig. Demnach stammte das Schreiben nämlich vom „Bundesministerium für Umvolkung und Islamisierung“. Ein solches Ministerium gibt es nicht, das war auch Ruhland sofort klar. Dennoch prangte auf dem Umschlag unübersehbar der Bundesadler.
Im Inneren: ein Text über den „Gutmensch“. Der anonyme Schreiber verliert sich in Anschuldigungen und Beleidigungen, nennt den „Gutmenschen“ den „politischen Trottel“ und bezichtigt ihn des „Moralfanatismus des politisch Korrekten“, der seinen „eigenen negativen Affekt auf alle anderen überträgt und an ihnen nichts als menschenverachtenden Hass und Hetze – das Böse, Rechte, den Nazi – sieht“. Zudem sei der Gutmensch „ein tendenzieller Jasager, der sich gern vor aller Anstrengung sachlichen Unterscheidens, Verneinens und Entgegensetzens bewahrt“.
„Ein übler Text“, sagt Michael Ruhland. Der frühere Lehrer, der einstige Vorsitzende des Runden Tisch gegen Rechts, kennt derlei Anwürfe. Und deren Zungenschlag. Als „Gutmensch“ sei er in diesem Zusammenhang mehr als einmal bezeichnet worden.
Michael Ruhland hat Anzeige erstattet
Ruhland hat Anzeige erstattet. Hat sich wegen des Schreibens auch ans Rader Rathaus gewandt und hat Solidarität erfahren. „Der Bürgermeister steht auf meiner Seite.“ Auch Jan Bäcker springt Ruhland zur Seite. Beide gehören dem VVN-BdA Radevormwald (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) an und organisieren derzeit eine Veranstaltung für Rade, die am 16. Januar stattfindet. „Rechtspopulismus im Aufwind – was tun?“ heißt es ab 19 Uhr im Mehrzweckraum des Bürgerhauses, wenn Hans-Peter Killgus und Patrick Fels von der Informations- und Bildungsstelle der Stadt Köln referieren. „Auf Grund des zeitlichen Zusammenhangs mit unserer Veranstaltung und in Anbetracht des bekannten Engagements von Ruhland gegen Neofaschisten sehen wir hier einen klaren Zusammenhang mit unserer Veranstaltung“, sagt Bäcker. Auch in den sozialen Netzwerken werde die VVN-BdA von rechtsgerichteten Menschen für die angekündigte Veranstaltung angegriffen. „Durch diese Reaktionen sehen wir uns bestätigt, wie notwendig unsere Veranstaltung in dieser Situation ist“, betont Bäcker.
Das sieht auch Ruhland so. Und seine Anzeige als konsequenten Schritt. „Die Polizei muss das registrieren und darauf reagieren“, sagt er. Michael Tietze von der oberbergischen Polizeibehörde bestätigt den Eingang der Anzeige, die schon nach Köln weitergeleitet wurde. „Dafür ist nun der Staatsschutz zuständig.“ Man habe das Schreiben bereits zur staatsanwaltlichen Prüfung weitergeleitet, bestätigt Christoph Schulte, Sprecher im Kölner Polizeipräsidium. Es gelte vor allem den Straftatbestand der Beleidigung zu prüfen, eine mögliche Amtsanmaßung durch Verwendung des Bundesadlers und der Nennung eines fiktiven Ministeriums sei zu abstrakt. Schulte bleibt mit Blick auf Rade gelassen - anders, als es einst der Fall war. „Es ist ruhig geworden. Den Freundeskreis gibt es durch Verurteilung und Gerichtsverfahren nicht mehr. Im vergangenen Jahr haben wir lediglich eine Schmiererei mit rechtem Hintergrund erfasst.“
Den Zahlen nach scheint es ruhiger geworden zu sein
„Es wirkt nach außen, als wäre es ruhiger geworden“, sagt Knorz. Ähnlich wie Ruhland kennt auch der Ordnungsamtsleiter die rechte Szene, den einstigen „Freundeskreis Rade“, der die Stadt bundesweit in die Negativ-Schlagzeilen brachte. „Wir als Ordnungsamt haben keine Handhabe“, sagt Knorz zu dem aktuellen Fall und befürwortet die Kontaktaufnahme mit der Polizei.
Dazu rät auch Christoph Schulte: Dann behalte der Staatsschutz die Vorkommnisse im Blick. Und sollten sie virtuell sein: „Screenshot machen.“
HINTERGRUND
AUFKLÄRUNG Ruhland ist es wichtig, auf die Jugend zuzugehen. Zu warnen vor rechten Tendenzen und Rechtspopulismus. „Die Aufklärung muss fortgesetzt werden“, sagt er. Deshalb bedauert er es, dass der Kontakt zu den Rader Schulen ins Stocken geraten ist. „Allerdings hatte sich die Schullandschaft ja ganz neu sortiert“, sagt er mit Blick auf die Sekundarschule, die gerade erst gegründet wurde.