Hilfe in Trauersituationen

Notfallseelsorger: „Nach Unglück sind wir für die Angehörigen da“

: Pfarrer und Notfallseelsorger Ulrich Geiler (mitte) im Gespräch mit Mitgliedern der Kolpingfamilie St. Marien.
+
: Pfarrer und Notfallseelsorger Ulrich Geiler (mitte) im Gespräch mit Mitgliedern der Kolpingfamilie St. Marien.

Über die Arbeit als Notfallseelsorger sprach der Remscheider Pfarrer Ulrich Geiler bei der Kolpingfamilie St. Marien.

Von Claudia Radzwill

Radevormwald. Einen Einblick in die Arbeit der Notfallseelsorge gab es am Dienstagabend beim Treffen der Kolpingfamilie St. Marien. Im Caritashaus an der Hohenfuhrstraße war Pfarrer Ulrich Geiler zu Gast, Notfallseelsorger und Koordinator der Notfallseelsorge im evangelischen Kirchenkreis Lennep.

„Unterwegs sind wir in Remscheid, Radevormwald und Hückeswagen. Am 1. April ist auch Wermelskirchen dazugekommen“, erzählte er am Rande der Veranstaltung im Gespräch mit dem RGA. Sie werden zu Unglücken, Verbrechensopfern und beim Tod eines Angehörigen gerufen.

44 Leute sind in der Notfallseelsorge im Einsatz. „Wir sind ökumenisch aufgestellt, auch wenn die Koordination über den evangelischen Kirchenkreis läuft“, erklärt Ulrich Geiler. Geistliche aus den katholischen Kirchengemeinden sind ebenso dabei wie aus den Freikirchen. Auch ehrenamtliche Mitarbeitende der Gemeinden gehören zum Team.

Pfarrer Ulrich Geiler stellte sich der Kolpingfamilie erst einmal vor. Er hat seit 1993 eine halbe Stelle als Pfarrer der Adolf-Clarenbach-Gemeinde in Remscheid. „Auf der anderen halbe Stelle war ich zunächst als Campingplatzpfarrer an der Bever-Talsperre eingesetzt“, erzählte er am Abend.

1996 tauschte Ulrich Geiler die Aufgabe auf dem Campingplatz gegen die Notfallseelsorge, baute die Rufbereitschaft im Kirchenkreis auf. „Ich hatte großen Respekt vor der Aufgabe“, sagte er. „Auch Angst schwang mit. Heute aber ist die Notfallseelsorge eine mir ganz wichtige Aufgabe.“

Als Koordinator stellt Pfarrer Ulrich Geiler auch den Dienstplan auf, sorgt für eine Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft. 50 bis 60 Einsätze gibt es Schnitt im Jahr – bei Verkehrsunfällen, Todesfällen, zu Bränden und Familienkonflikten werden Notfallseelsorger gerufen. „Ein bis zweimal die Woche werden wir angefordert“, sagt er.

Sie kommen, wenn die Menschen dies wünschen. „Die Rettungskräfte fragen die Betroffenen, ob sie Seelsorge möchten,“ erklärte Pfarrer Geiler im Kolpingkreis. Denn man müsse wissen: „Die Rettungskräfte sind die Erstversorgung, dann bleiben die Leute allein. Wir bleiben noch länger bei den Angehörigen.“ Bei großen Unglücken fahren die Notfallseelsorger allerdings sofort los. Wie beim Busunglück in Dahlhausen im Jahr 2009. „Da sind wir direkt hin.“ Meist läge dem Einsatz ein „natürlicher Tod“ zugrunde: „Wir begleiten dann beim Abschiednehmen vom Verstorbenen, sprechen ein Gebet, sind einfach da, das macht die Notfallseelsorge aus,“ sagt Ulrich Geiler.

Es gebe auch extreme Situationen für die Notfallseelsorger. „Einige Einsätze werden mich nie mehr loslassen“, sagt Ulrich Geiler. Man müsse aber mit dem Geschehenen leben, da sei es umso wichtiger, aus dem Erlebten wieder herauszukommen. Dabei helfen ihm Gespräche mit Kollegen und Familie – und der Glaube.

Ein offenes Ohr hat die Notfallseelsorge auch stets für die Einsatzkräfte. „Feuerwehrleute und Sanitäter können ebenso durch ein Unglück belastet sein und müssen reden. Die psychische Gesundheit der Einsatzkräfte ist in den letzten Jahren vermehrt ins Bewusstsein gerückt und das ist gut so“, sagte Ulrich Geiler. Lange war dieses Thema ein Tabu.

Ehrenamtliche werden intensiv geschult

Dr. Jörg Weber, auch Vorsitzender der Kolpingfamilie, erzählte von einem Helfer des Zugunglücks 1971 in Dahlerau, den die Bilder noch bis heute ins hohe Alter verfolgen. „Damals wurde über das Erlebte geschwiegen. Das war nicht gut.“ Im Notfallseelsorgeteam gibt es bisher - neben den Pfarrern und Pfarrerinnen - acht Ehrenamtler. Aus der katholischen Gemeinde Radevormwald sind Ute Krause und Dr. Jörg Weber dabei. Vor dem Einsatz stand für sie zunächst eine intensive Schulung mit Theorie- und Praxisteil an. Dr. Jörg Weber: „Dabei begleitet man auch Notfallseelsorger bei Einsätzen vor Ort – das ist eine gute Vorbereitung auf seine spätere Aufgabe.“

Hintergrund

Zur Person: Ulrich Geiler ist 59 Jahre alt. Er hat seit 1993 eine halbe Pfarrstelle in der Remscheider Adolf-Clarenbach-Gemeinde inne und arbeitet seit 1996 auf einer weiteren halben Stelle als Notfallseelsorger und -koordinator im Kirchenkreis Lennep. Er baute die Notfallseelsorge auf.

Statistik: In der Zeit von 1996 bis Ende 2022 waren die Notfallseelsorger und Notfallseelsorgerinnen 1744 mal im Einsatz. Unterstützung wird immer gebraucht. Wer Interesse an der Notfallseelsorge hat, kann sich jederzeit melden. Seminare und praktische Einheiten bereiten auf den Einsatz vor.

Kontakt: notfallseelsorge@kklennep.de

Unsere News per Mail

Nach der Registrierung erhalten Sie eine E-Mail mit einem Bestätigungslink. Erst mit Anklicken dieses Links ist die Anmeldung abgeschlossen. Ihre Einwilligung zum Erhalt des Newsletters können Sie jederzeit über einen Link am Ende jeder E-Mail widerrufen.

Die mit Stern (*) markierten Felder sind Pflichtfelder.

Meistgelesen

40 Einsprüche gegen Baulückenkataster
40 Einsprüche gegen Baulückenkataster
Die vertikalen Gärten der Innenstadt
Die vertikalen Gärten der Innenstadt
Die vertikalen Gärten der Innenstadt
Bestes Wetter beim Stadtfest in Radevormwald
Bestes Wetter beim Stadtfest in Radevormwald
Bestes Wetter beim Stadtfest in Radevormwald
Gastronomen wollen die Oberste Mühle in gute Hände weitergeben
Gastronomen wollen die Oberste Mühle in gute Hände weitergeben
Gastronomen wollen die Oberste Mühle in gute Hände weitergeben

Kommentare