Politik

Live-Streaming aus dem Rat? Skepsis bleibt

Werden Ratssitzungen im Bürgerhaus bald von daheim zu verfolgen sein? Während manche Fraktionen dies fordern, sind andere zurückhaltend.
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Werden Ratssitzungen im Bürgerhaus bald von daheim zu verfolgen sein? Während manche Fraktionen dies fordern, sind andere zurückhaltend.

Die UWG-Fraktion macht Druck: Die Bürger sollen bald Ratssitzungen an PC oder Tablet verfolgen können.

Von Stefan Gilsbach

Viele Städte ermöglichen es ihren Bürgern inzwischen, am heimischen PC oder am Tablet Ratssitzungen zu verfolgen – im Live-Stream oder angeklickt im Sitzungsarchiv. Auch in der Radevormwalder Politik wird seit geraumer Zeit diskutiert, ein solches Angebot einzurichten. Vor allem die Unabhängige Wähler-Gemeinschaft (UWG) drängt darauf, dies nun endlich umzusetzen und hatte daher für die erste Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses in diesem Jahr das Thema erneut auf die Tagesordnung gesetzt.

Bei der Debatte am Dienstagabend zeigte sich allerdings, dass die Meinungen über ein solches „Rats-TV“ noch immer geteilt sind. Widerstand gegen eine rasche Umsetzung gibt es vor allem aus den Reihen der Christdemokraten. „Es gibt bei dem Thema noch Detailfragen zu klären“, begründet CDU-Fraktionsvorsitzender Dejan Vujinovic. In Remscheid zum Beispiel habe man sich gegen ein solches Angebot entschieden. Allerdings sei die Fraktion offen dafür, über das Thema noch einmal im Ältestenrat zu reden.

Elisabeth Pech-Büttner, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Grünen, zeigte Unverständnis für die Haltung der Christdemokraten, die solche Ansätze stets „zerreden“ würde. Es sei durchaus nicht so, dass nur in Metropolen solche Angebote erfolgreich liefen: „In Wipperfürth wird es doch auch umgesetzt.“

Annette Pizzato, Fraktionsvorsitzende der FDP, stellte sich dagegen auf die Seite der CDU und nannte als wesentlichen Grund die Kosten: „Haben wir nichts Besseres mit dem Geld zu tun?“ Thomas Lorenz äußerte für die Fraktion der Radevormwalder Unabhängigen Alternative (RUA) ebenfalls Zweifel, ob die Kosten dem Nutzen entsprächen.

Dietmar Stark erklärte für die SPD-Fraktion, man teile die Sorge der CDU, dass es noch einige Details zu klären geben, bevor man nun den Beschluss fasse. „Ich glaube nicht, dass wir die Übertragungen eigenhändig machen sollten“, gab der Fraktionsvorsitzende zu denken. Wenn man dies anbiete, sollte es auch ein gewisses Niveau haben, zumal die Sitzungen theoretisch weltweit angeschaut werden könnten. Er habe zudem Bedenken, wie sich diese Tatsache auf die Debattenkultur auswirken könnte, sagte Stark, der auch dafür plädierte, noch einmal die Einzelheiten im Gespräch der Fraktionsspitzen zu klären.

Rolf Ebbinghaus, Fraktionsvorsitzender der Alternativen Liste (AL), sprach sich für die Übertragung der Sitzungen aus.

„Damit gäbe es ein niederschwelliges Angebot für Bürger, die sonst nicht zu den Sitzungen kommen würden – zum Beispiel wegen schlechten Wetters.“ Ebbinghaus sprach sich dafür aus, die Verwaltung zu beauftragen, ein Konzept zur Umsetzung eines „Rats-TV“ bis zu einem bestimmten Datum zu erstellen, damit es bei dem Thema endlich Fortschritte gebe.

Wipperfürth wird als positives Beispiel angeführt

Bernd-Eric Hoffmann zeigte sich als Fraktionsvorsitzender der UWG dazu bereit, unter den Fraktionsspitzen über ungeklärte Details zu sprechen. Auch er verwies auf das positive Beispiel der Übertragungen in Wipperfürth.

In der Nachbarstadt werden die Ratssitzungen bereits seit Frühjahr 2020 gestreamt, wie Wipperfürths Stadtsprecherin Tanja Reinhold auf Anfrage unserer Redaktion mitteilt. Anlass sei die Corona-Pandemie gewesen. „Die ersten Sitzungen wurden in kleinem Rahmen mit Handykamera im Ratssaal gefilmt.

Inzwischen werden die Sitzungen in der Regel aus dem Veranstaltungszentrum ,Alte Drahtzieherei‘ übertragen“, erläutert Reinhold. Seit Corona-Zeiten tage der Rat wegen des größeren Platzangebotes und mehr Abstandsmöglichkeiten dort. Da die Stadt den Betrieb der Alten Drahtzieherei fördere, gebe es ein freies Veranstaltungskontingent. Die einzelne Ratssitzung müsse also nicht bezahlt werden.

„Es ist sicher ein Glücksfall, dass wir vor Ort einen technisch bestens ausgerüsteten Partner haben“, erläutert die Sprecherin. Von rechtlicher Seite musste eine Einverständniserklärung zu Bild- und Tonaufnahmen von jedem Ratsmitglied eingeholt werden.  Je nach Thema verzeichne man bei den Sitzungen 100 bis 600 Aufrufe.

Bergische Vorbilder

Wer sich als  Radevormwalder Bürger einen Eindruck davon machen möchte, wie ein solches Streaming von Ratssitzungen aussehen könnte, der kann zum Beispiel auf der Internetseite der Stadt Wuppertal (www.wuppertal.de) unter dem Stichwort „Rats-TV“ Aufzeichnungen vergangener kommunaler Ausschuss- und Ratssitzungen einsehen. Auch die Stadt Leverkusen bietet ihren Bürgern seit dem Jahr 2017 einen solchen ­Service an.

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