Politik
Wahlreform: „Wir dürfen nicht an unseren Ämtern kleben“
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Sabine Grützmacher sitzt für die Grünen im Bundestag.
Von Wolfgang Weitzdörfer
OBERBERG. Wäre die Wahlrechtsreform, wie sie die Ampel-Koalition in der Bundeshauptstadt vorgeschlagen hat, schon für die Bundestagswahl im September 2021 umgesetzt worden, säße Sabine Grützmacher jetzt nicht für die Grünen im Bundestag. Schließlich ist die Gummersbacherin über die Landesliste NRW ins Parlament eingezogen. Der oberbergische CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Carsten Brodesser hingegen bliebe von den Ideen von SPD, Grünen und FDP im Bund nicht tangiert: Er könnte auch weiterhin Oberberg in Berlin vertreten.
Der Bundestag soll verkleinert werden. Mit aktuell 736 Abgeordneten ist er so groß wie keiner zuvor und auch wie sonst kein anderes Parlament auf der Welt. Durch die Wahlrechtsreform der Ampel sollen Überhang- und Ausgleichsmandate abgeschafft werden, so dass der Bundestag wieder auf die gesetzlich vorgesehene Regelgröße von 598 Abgeordneten schrumpfen würde. Davon betroffen wären demnach aktuell 138 Abgeordnete, die somit bei der nächsten Bundestagswahl 2025 nicht ins Parlament einziehen würden.
Für Sabine Grützmacher wäre das verschmerzbar. „So sehr mich meine Aufgabe anspornt und begeistert, dürfen wir doch nicht an unseren Ämtern kleben“, versichert sie. Eine Wahlrechtsreform sei längst überfällig. „Wenn ich gehen müsste, wäre es ein kleiner Preis.“
Das aktuelle System habe zu einem überdimensionierten Parlament geführt. „Mit der Gefahr von fast 900 Sitzen bei der jüngsten Wahl“, sagt Sabine Grützmacher. „Das ist nicht akzeptabel für den Wähler.“
Es werde derzeit um die knappe Redezeit gekämpft
Wenn die Grünen-Abgeordnete nicht mehr über die Landesliste in den Bundestag einziehen kann – ein Direktgewinn des Wahlkreises ist unrealistisch –, will sie weiterhin für progressive Politik arbeiten. Dann eben auf kommunalpolitischer Ebene. „Das habe ich viele Jahre mit Begeisterung gemacht. Dorthin zurückzukehren wäre keineswegs ein Misserfolg, sondern ein ‚back to the roots‘“, sagt sie.
Der Bundestag sei aber auch in der jetzigen Größe noch in der Lage, effektiv zu arbeiten. „Es gab dennoch einige organisatorische und praktische Herausforderungen“, hat die Gummersbacherin festgestellt. So etwa die knappen Redezeiten, die auch hart umkämpft seien, oder die Nutzung von Übergangsbüros.
Bevor nun die Reform umgesetzt werden kann, muss der Gesetzentwurf dem Bundesrat vorgelegt werden. „Das ist voraussichtlich am 31. März der Fall“, sagt Sabine Grützmacher. „Sollte Ende März der Bundesrat positiv entscheiden, hätten wir als Ampel in 16 Monaten etwas zustande gebracht, was 16 Jahre lang nicht gelungen ist.“