Karneval

„Ich kann Kostüm-Debatten nicht nachvollziehen“

Von von klein auf jeck: Thomas Lorenz trat früh in die Fußstapfen seines karnevalistisch engagierten Vaters.
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Von von klein auf jeck: Thomas Lorenz trat früh in die Fußstapfen seines karnevalistisch engagierten Vaters.

Thomas Lorenz ist Mitglied des Festkomitees Kölner Karneval. In seiner Wahlheimat Radevormwald ist er ebenfalls jeck unterwegs.

Das Bergische Land ist keine Hochburg des Karnevals? Das kann Thomas Lorenz nicht bestätigen.

Von Stefan Gilsbach

Herr Lorenz, seit wann sind Sie aktiver Karnevalist?

Thomas Lorenz: Seit 1977. Damals wurde ich in unserm Veedel Mitglied im Katholischen Männerwerk St. Bruno. Ich rückte für meinen Vater nach, der kurz zuvor verstorben war. Damals war ich mit Abstand das jüngste Mitglied im Elferrat – und stolz wie Oscar.

Seit einigen Jahren sind Sie in ihrem heimatlichen Kölner Beritt Sitzungspräsident.

Lorenz: Ja, im Jahr 2017 habe ich in St. Bruno dieses Amt übernommen. „Nach 40 Elferrat sei es an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen“ meine damals Markus Ritterbach, Präsident des Festkomitees. Bei der „Großen Sülz Klettenberger Karnevalsgesellschaft GSK“, übrigens die erste Kölner Karnevalsgesellschaft, die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder das Recht erhielt, Sitzungen abzuhalten, war ich schon zuvor einige Jahre Geschäftsführer.

Köln ist für seine Karnevalstraditionen berühmt, vor allem für das Dreigestirn. Es heißt, jeder Jeck in der Domstadt träumt davon, einmal Prinz zu sein. Sie auch?

Lorenz: Natürlich. Und tatsächlich gab es einmal eine gute Chance dazu. Die schon erwähnte GSK hatte sich anlässlich des 75-jährigen Bestehens beworben. Wir haben das umfangreiche Auswahlverfahren durchlaufen, aber dann fiel die Wahl doch auf eine 100-jährige Gesellschaft. Den Traum, einmal Prinz zu sein, habe ich mir dann in Radevormwald erfüllt.

Seit wann wohnen Sie in Radevormwald?

Lorenz: Wir sind hier 1994 hingezogen.

Wie schaut man in Köln auf den Karneval im Bergischen Land? Ein wenig mit Naserümpfen?

Lorenz: Aus dem Bergischen Land kommen doch prominente Karnevalisten. Ich denke da an Willibert Pauels als „Ne Bergische Jung“ aus Wipperfürth, der aktuell sehr gefragte Jörg Runge aus Engelskirchen als „Dä Tuppes vum Land“ oder die Paveier, die in Bergisch Gladbach ihren Sitz haben.

Der „Bergische Landbote“ war lange fester Programmteil der Kölner Sitzungen. Er beendete seine Büttenreden: „Wenn die Kuh im Stall ihren Euter schwingt und dann der Chor der Landbauern singt, und wenn dann noch kräht der Hahn auf dem Mist, dann weißt du, dass du im Bergischen bist“.

Lorenz: Ja, das war die legendäre Figur von Ferdi Huick, der leider im Jahr 2006 verstorben ist.

Wie haben Sie als Kölner den Karneval im Bergischen erlebt?

Lorenz: Ich war positiv überrascht, dass es in Radevormwald einen Zug der Karnevalsgesellschaft Rot-Weiß gab. Als Familienkreis haben wir mit den Kindern daran teilgenommen. Damals waren wir auch bei den letzten Sitzungen der 4 K (dem Katholischen Kirchenchor, der Katholischen Jugend, der Katholischen Arbeitnehmerbewegung und der Kolpingfamilie St. Marien). Den Ruf der 4K „Rua Kapaaf“ haben wir ja 2014 wieder aufleben lassen.

Später sind Sie dann Mitglied der KG Rot-Weiß geworden und haben Ihren alten Traum dann verwirklicht.

Lorenz: Wir haben für die Session 2007/2008 ein Dreigestirn aufgestellt: Jörg Weber als Jungfrau „Jörgine“, Stefan Zirngibl als Bauer und ich als Prinz. Damit haben wir über Radevormwald hinaus Aufmerksamkeit bekommen. Auch in Köln sind wir aufgetreten, das war natürlich eine tolle Erfahrung. Wichtig war für uns, dass das Radevormwalder Dreigestirn nicht einfach eine Kopie der Kölner Tollitäten ist, und das wurde in Köln auch positiv vermerkt. Mein Zepter war beispielsweise eine Garnspindel, passend zur Tradition der Rader Textilindustrie, und Stefan Zirngibl hatte eine Heugabel dabei, richtig ländlich bergisch eben. Das zweite Rader Dreigestirn war dann weiblich. Vielleicht kann Köln hier mal von Rade lernen.

Das Radevormwalder Dreigestirn im Jahr 2007 mit Prinz Thomas Lorenz, Jungfrau „Jörgine“ (Dr. Jörg Weber) und Stefan Zirngibl als Bauer.

Die Corona-Pandemie hat den Karneval vielerorts ausgebremst.

Lorenz: Ich bin stolz, dass wir es in Radevormwald geschafft haben, in dieser Zeit trotzdem karnevalistische Veranstaltungen zu organisieren, virtuell und in Präsenz.

Viele Vereine klagen heute über Probleme, die Karnevalisten auch?

Lorenz: Ein großes Problem sind die Kosten, die Säle sind sehr teuer geworden. In Radevormwald sind wir da mit dem Bürgerhaus zum Glück gut aufgestellt. Und das große Engagement unserer Mitglieder reduziert die Kosten beim Catering.

Zuletzt haben Diskussionen über Kostüme, die angeblich nicht mehr in die Zeit passen, für Debatten gesorgt. Manche finden beispielsweise, man soll sich nicht mehr als Indianer verkleiden.

Lorenz: Also, diese Diskussion kann ich nicht nachvollziehen. Unserer Tochter haben wir bei einem USA-Aufenthalt sogar originale indianische Mokassins gekauft, die sie dann im Karneval getragen hat. Als wir das beim Kauf erzählten, hielten die Native Americans es für eine großartige Idee. Den Vorwurf, man würde die Ureinwohner dadurch herabsetzen, halte ich für Unsinn.

Wie hat sich der Karneval verändert?

Lorenz: In den Sitzungen treten heute mehr Bands auf als früher. Das ist einerseits schön, aber dadurch werden diese Veranstaltungen eher zu Konzerten. Man sollte aus meiner Sicht karnevalistischen Formen wie die Büttenrede oder das Krätzche nicht vernachlässigen. Im „Kunterbunten Bürgerhaus“ gelingt uns das noch.

Sie haben wiederholt prominente Akteure des Karnevals nach Radevormwald geholt. Was halten die vom bergischen Publikum?

Lorenz: Ich kann nur sagen, die Radevormwalder sind ein Traumpublikum. Und auch das Bürgerhaus kommt bei den Künstlern gut an. Nicht nur Jürgen Beckers, der jüngst bei unserem adventlichen Karnevalsabend Stargast war, hat sich da sehr lobend geäußert.

Ihre Frau ist im Raum Düsseldorf aufgewachsen, sie sind dagegen „echt kölsch“. Gibt es da im Karneval nicht familiäre Frotzeleien?

Lorenz: Das ist nicht der Fall, denn meine Frau ist in Baumberg aufgewachsen, und das zählt gerade noch zum alten Kreis Opladen. Damit gehört sie glücklicherweise zum Kölner Einzugsbereich!

Hintergrund

Sitzung: Das „Kunterbunte Bürgerhaus“ des Karnevalsvereins „Rua Kapaaf“ findet am Freitag, 17. Februar, ab 17 Uhr im Bürgerhaus an der Schlossmacherstraße 4-5 statt.

Vorstand: Präsident von „Rua Kapaaf“ ist Dirk Finger, sein Stellvertreter Stefan Zirngibl. Als Schatzmeister fungiert Marin Fröse, Geschäftsführerin ist Tanja Lösch, Vereinsmanagerin Sabine Dziabel. Thomas Lorenz, der vor einigen Jahren das Amt des Präsidenten abgegeben hatte, bildet gemeinsam mit Beate Ritter den Senatsvorstand des Vereins.

Politik: Das Kürzel „RUA“ steht auch für das politische Engagement von Thomas Lorenz. Der ehemalige CDU-Politiker war vor einigen Jahren Mitgründer der „Radevormwalder Unabhängigen Alternative“, die als Fraktion im Radevormwalder Rat vertreten ist. Bei der Kommunalwahl 2020 trat Thomas Lorenz als Bürgermeisterkandidat an. Er erhielt damals 12.2 Prozent der Stimmen.

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