Papierindustrie

Clouth hat von der Pandemie profitiert

Dietmar Persian und Andrea Poranzke besuchten die Firma Joh. Clouth GmbH & Co. KG (produziert vorrangig Schaberklingen, Streichmesser und Kreppschaber für die Papierindustrie). V.l. Andrea Poranzke, Dietmar Persian, Kai Modtler und Stefan Wurth.
+
Dietmar Persian und Andrea Poranzke besuchten die Firma Joh. Clouth GmbH & Co. KG (produziert vorrangig Schaberklingen, Streichmesser und Kreppschaber für die Papierindustrie). V.l. Andrea Poranzke, Dietmar Persian, Kai Modtler und Stefan Wurth.

Unternehmen verzeichnete im vorigen Jahr einen Rekordumsatz.

Von Stephan Büllesbach

Hückeswagen. Als Stefan Wurth, einer der beiden Geschäftsführer des Hückeswagener Unternehmens Johann Clouth GmbH, über die Papierherstellung spricht, findet Andrea Poranzke eine Parallele zu ihrer bisherigen Arbeit als Stadtjugendpflegerin: „Das kenne ich aus dem Kinderdorf. Da haben wir auch Papier geschöpft“, berichtet die Wirtschaftsförderin, die mit Bürgermeister Dietmar Persian einen Rundgang durch die Produktion im Gewerbegebiet Winterhagen-Scheideweg unternimmt. Wurth hatte soeben erläutert, was Clouth produziert: in erster Linie Schaber und Streichmesser, die bei der Papierherstellung benötigt werden.

Die Schaber entfernen Reste des Papierbreis bei der Herstellung

Der Geschäftsführer hat ein Beispiel: „Ich vergleiche das mit dem Nudelholz, an dem ja immer noch etwas Teig kleben bleibt.“ So ist das auch bei den Walzen während der Herstellung von Papier, nur dass jeder Rückstand des Papierbreis die Qualität des Erzeugnisses schmälern würde. Also sind hinter den Walzen die Schaber des Hückeswagener Herstellers angebracht, die jegliche Rückstände von der Walze entfernen. Zwischen 1,50 und zwölf Meter breit sind die Klingen aus Stahl, Kohle- oder Glasfaser, die 95 Prozent der im Unternehmen gefertigten Schaber ausmachen.

In West 2, wo Clouth als eines der ersten Unternehmen seit fast 23 Jahren produziert, werden die breiten Coils – die aufgewickelten Bänder – zunächst auf die Breite eines Schabers zugeschnitten, erhalten später eine Wate (die abgeschrägte Fläche), werden auf die vom Kunden bestellte Länge geschnitten und erhalten auf dessen Wunsch auch entsprechende Aufhängungen. „Unsere Kunden befinden sich auf der ganzen Welt“, sagt Geschäftsführer Kai Modtler, der seit 2009 im Unternehmen ist.

Ihre Schaberklingen, Streichmesser – damit werden Materialien auf Papier oder Karton aufgetragen, so dass beispielsweise der Geschenkkarton glänzt oder der Versandkarton wasserdicht ist – sowie Kreppschaber liefert die Clouth-Gruppe an die Papierindustrie. Dazu zählen auch die Tissue-Hersteller von Toilettenpapier, Taschentüchern, Küchentüchern, Servietten, Papierhand- und Kosmetiktüchern. Daher verwundert es kaum, dass die Gruppe gerade zu Beginn der Corona-Pandemie vor fast drei Jahren extrem von dieser profitierte. „Wir konnten uns vor Arbeit nicht retten“, berichtet Wurth, der seit gut acht Jahren bei Clouth beschäftigt ist.

Überhaupt sei das Unternehmen sehr gut durch die Pandemie gekommen. Der anfänglich riesige Auftragsbestand habe sich auf einem sehr hohen Niveau stabilisiert. Wobei Clouth nicht nur vom Hype um das Toilettenpapier profitiert hat, sondern auch vom Online-Handel. „Je mehr Kartons dafür benötigt werden, desto mehr Kartonage wird gebraucht“, erläutert Wurth. Und entsprechend viele Schaber, Messer und Klingen aus der Clouth-Produktion. „Der e-commerce ist ein Treiber“, hat der Geschäftsführer festgestellt. Die Entwicklungen der vergangenen drei Jahre hat sich auch im Umsatz bemerkbar gemacht, der 2022 bei 46 Millionen Euro und damit um zehn Prozent höher als im Jahr zuvor lag. „Das ist unser Rekordumsatz“, sagt Wurth.

2021 wurde Clouth durch die US-Firma Kadant Inc. übernommen. „Das war bis dato unser größter Konkurrent“, berichtet Wurth. Auf dem Weltmarkt würden beide Unternehmen weiterhin unabhängig voneinander auftreten. Zudem wurde zum jüngsten Jahreswechsel eine rechtliche Anpassung vorgenommen: „Wir haben aus vier Gesellschaften eine gemacht“, sagt Modtler. Alle Beschäftigten seien in die Joh. Clouth GmbH übernommen worden. „Wir haben keine Stellen abgebaut“, versichert Wurth. Im Gegenteil: Seit der Übernahme sei die Gruppe um 20 Mitarbeiter gewachsen. Auch Bürgermeister Dietmar Persian hört die guten Nachrichten mit Wohlwollen: „Dem Unternehmen geht’s gut, es gibt viele Arbeitsplätze, der Umsatz wird ausgebaut – was wollen wir mehr?“ Probleme bereiten Clouth derzeit einzig die Störung der Lieferketten und der Mangel an Facharbeitern. Die fehlenden Fachkräfte werden womöglich künftig durch einen höheren Grad an Automatisierung aufgefangen werden müssen. Modtler: „Diesen Bereich haben wir in den vergangenen beiden Jahren verstärkt ausgebaut.“

Hintergrund

Gründung: Johann Clouth gründete das Unternehmen 1874 in Remscheid produzierte Maschinenmessern.

Umzug: Nachdem Clouth am Remscheider Stammsitz Lenneper Straße nicht expandieren und in der Nachbarstadt kein geeignetes Grundstück erwerben konnte, wurde im damals neuen Gewerbegebiet Winterhagen-Scheideweg (West 2) neu gebaut. Seit 2000 werden dort in erster Linie Schaberklingen, Streichmesser und Kreppschaber für die Papierindustrie produziert.

Übernahme: Im Juni 2021 wurde das Unternehmen vom Hauptkonkurrenten Kadant Inc aus Westford (USA) übernommen. Die bisherige Eigentümerfamilie Kochenrath schied aus der Geschäftsführung aus.

Standorte: Neben dem Stammsitz gehören die Clouth Sprenger GmbH in Moers, die Streichmesser und Kreppschaber mit Verschleißschutzschichten veredelt, sowie die Joh. Clouth Maschinenbau GmbH im unterfränkischen Eltmann, deren Fokus auf Sonderlösungen und Umbauten liegt, zur Gruppe.
Zudem wird in einem Werk in Polen nahe Breslau ein Teil der benötigten Werkstoffe hergestellt.

Mitarbeiter: Die Clouth-Gruppe beschäftigt insgesamt etwa 230 Mitarbeiter.

Unsere News per Mail

Nach der Registrierung erhalten Sie eine E-Mail mit einem Bestätigungslink. Erst mit Anklicken dieses Links ist die Anmeldung abgeschlossen. Ihre Einwilligung zum Erhalt des Newsletters können Sie jederzeit über einen Link am Ende jeder E-Mail widerrufen.

Die mit Stern (*) markierten Felder sind Pflichtfelder.

Meistgelesen

Offene Ganztagsschule in schwerer Krise
Offene Ganztagsschule in schwerer Krise
Offene Ganztagsschule in schwerer Krise
Sohn von Thorsten Legat ist bei „Temptation Island“ dabei
Sohn von Thorsten Legat ist bei „Temptation Island“ dabei
Sohn von Thorsten Legat ist bei „Temptation Island“ dabei
„Bunte Hunde“ feiern Goldhochzeit
„Bunte Hunde“ feiern Goldhochzeit
„Bunte Hunde“ feiern Goldhochzeit
OGS wird zur großen Herausforderung
OGS wird zur großen Herausforderung
OGS wird zur großen Herausforderung

Kommentare