Kommunalpolitik
UWG-Mitglieder schließen sich dem BfB an
aktualisiert:
- 0 Kommentare
-
Feedback
schließen
- Weitere
- VonNadja Lehmannschließen
Personalnot zwingt die Wählervereinigung zur Aufgabe. Bündnis für Burscheid hat künftig elf Mandate.
Von Nadja Lehmann
CDU, SPD, Grüne, FDP, Bündnis für Burscheid (BfB) und UWG: Mit diesem, den Burscheidern vertrauten Antlitz, präsentiert sich der Rat der Stadt. Von April an wird sich dies ändern: Dann nämlich löst sich die UWG-Fraktion auf. Der Fraktionsvorsitzende Jürgen Müller, sein Ratskollege Peter Oberhäuser und der sachkundige Bürger Tobias Jurek wechseln in die BfB-Fraktion und setzen dort ihre politische Arbeit fort. Die UWG selbst – ein eingetragener Verein – bleibt zunächst einmal bestehen, wird sich im Lauf des Jahres dann aber wie die Fraktion ebenfalls auflösen.
Der Grund: Personalmangel. „Wir waren schon immer auf uns allein gestellt, und personell nie üppig bestückt“, blickt Jürgen Müller zurück. „Bei der letzten Wahl haben wir es nochmal auf Biegen und Brechen hinbekommen.“ Doch in den vergangenen zwei Jahren wurde es besonders eng. „Sechs Leute sind weggezogen“, sagt der Fraktionsvorsitzende. Vergeblich habe er bei den noch Verbliebenen um mehr Mitarbeit geworben. Damit war klar: „Unser Personal reichte nicht mehr aus, den Anforderungen als Fraktion im Stadtrat gerecht zu werden“, sagt Müller. Das wurde dann auch Thema auf der UWG-Hauptversammlung. „Wir mussten eine Entscheidung treffen“, unterstreicht Müller.
Es war der Moment, in dem das Bündnis für Burscheid ins Spiel kam – und die Überlegung, gemeinsame Sache zu machen. „Unsere diesbezüglichen Kontakte begannen Anfang 2022“, berichtet der BfB-Fraktionsvorsitzende Michael Baggeler. Die Kombination UWG und BfB mache Sinn, das finden alle Beteiligten. Beide sind sie freie Wählervereinigungen und fühlen sich ohne parteilichen Landes- und Bundesüberbau in besonderer Weise der Kommunalpolitik verpflichtet. „Es lag nahe, uns dem BfB anzuschließen“, sagt Peter Oberhäuser. Gemeinsam mit Jürgen Müller und Tobias Jurek stellte er den Antrag auf Aufnahme in die BfB-Fraktion. Weitere UWG-Mitglieder verzichteten dagegen auf diesen Schritt. „Sie wollten aus Altersgründen ohnehin nicht mehr zur nächsten Wahl antreten“, sagt Jürgen Müller. Mit dem 77-Jährigen sowie dem 31-jährigen Tobias Jurek hat das BfB nun das älteste und das jüngste Ratsmitglied in seinen Reihen. „Wir haben mit großer Freude der Aufnahme in der vergangenen Woche einhellig zugestimmt“, sagt Michael Baggeler.
Es ist ein Kräftezuwachs für das Bündnis für Burscheid, das künftig elf statt neun Ratsmitglieder stellt und damit ebenso wie die CDU in den Ausschüssen vier Sitze haben wird. Das hat Auswirkungen auf deren Zusammensetzung. „Eigentlich müssten die Ausschüsse nun, ähnlich wie bei einer konstituierenden Ratssitzung, neu besetzt werden“, sagt Michael Baggeler. Ein komplizierter Prozess nach dem Zählverfahren Hare/Niemeyer wäre die Folge. „Wir haben stattdessen vorgeschlagen, dass wir eine gemeinsame Liste vorlegen“, erklärt Baggeler. Auf der nächsten Sitzung am 30. März müsste der Stadtrat dann seine Zustimmung geben. Baggeler ist zuversichtlich, dass das klappt: „Wir haben von den anderen Fraktionen, die wir informiert haben, bislang nichts gehört. Für sie ändert sich ja auch nichts.“
Das Bündnis für Burscheid dagegen gewinnt durch die Fraktionsverschmelzung einen direkten Zugang in die Kreispolitik, der ihm bislang fehlte. Denn wenn sich die UWG endgültig aufgelöst hat, soll das BfB deren Platz in der Kreisvereinigung der Freien Wähler im Rheinisch-Bergischen Kreis einnehmen. Pro Kommune darf nur jeweils eine Wählervereinigung diesem Gremium angehören, das war für Burscheid die UWG gewesen. „Wir haben den Antrag bei den Freien Wählern (FW) gestellt, nachdem unsere Mitglieder einstimmig dafür votiert haben“, sagt BfB-Vorsitzender Volker Höttgen. Einen ersten Schritt in Richtung Kreis hatte das BfB bereits im Sommer getan, indem das Bündnis mit Ratsmitglied Bernhard Cremer seitdem einen sachkundigen Bürger in der Kreistagsfraktion der Freien Wähler stellt.
„Dieser Kontakt hatte uns lange gefehlt, und wir waren vom Informationsfluss oft abgeschnitten“, sagt Michael Baggeler. Ein Manko in Zeiten, in denen der Kreis stark ins kommunale Geschehen eingreife oder Entscheidungen treffe, die Folgen für die Kommune haben, betont Baggeler und nennt als Beispiel den aufgestockten Stellenplan des Kreises, der viel Kritik geerntet hatte. „Über die Kreisumlage bezahlen diesen ja auch wir.“
Doch zunächst richtet die vergrößerte Fraktion ihren Blick aufs Kommunale. Eine ausreichende politische Schnittmenge sieht Jürgen Müller als gegeben. „Und Politik beruht nun mal auf Kompromissen“, sagt der Noch-UWG-Fraktionsvorsitzende. „Wir waren seit Beginn immer offen für andere Meinungen“, hebt auch Völker Höttgen hervor. Einen Fraktionszwang gibt es nicht, Diskussionen sind normal. Und unbekannt ist man sich ohnedies nicht: Peter Oberhäuser und Michael Baggeler kennen sich aus einstigen CDU-Zeiten, und Jürgen Müller ist als früherer Wehrleiter auch ein prominentes Gesicht. „Ich habe im Ruhestand beim Serenadenkonzert in der Kirchenkurve mal gesagt, dass ich in die Politik gehe“, verrät Müller. Was eher als flotter Spruch gedacht war, wurde quasi zum Selbstläufer: Müller fand zur UWG, saß als Ersatzmann im Stadtentwicklungsausschuss, arbeitete sich ein und hoch, indem er nach dem Tod von UWG-Gründer Gerd Pieper den Fraktionsvorsitz übernahm. „Es ist alles von allein gekommen, ich wurde hochgeschwemmt“, sagt der 77-Jährige mit einem Lachen.
Der Benjamin des Trios, Tobias Jurek, machte 2020 auf sich aufmerksam. Als Einzelbewerber trat er in Hilgen bei der Kommunalwahl an und holte aus dem Stand 23,4 Prozent. „Das tat uns weh“, blickt Michael Baggeler zurück. Den Namen Jurek jedenfalls vergaß er nicht mehr. „Ich wollte meinen Namen mal auf so einer Liste sehen“, bekennt Tobias Jurek. Die UWG ging anschließend auf ihn zu und holte ihn ins Boot. „Das hätten wir auch mal tun sollen. Ein toller Schachzug. Aber auf Umwegen kommt er jetzt ja doch noch zum BfB“, freut sich Baggeler.
Vom April an wird sich dem interessierten Betrachter also ein neues Bild bieten: Dem Stadtrat werden statt sechs nur noch fünf Fraktionen angehören, und die beiden Ratsherren Jürgen Müller und Peter Oberhäuser werden ein paar Stuhlreihen nach vorne zum BfB rücken. Dieses ist nach der CDU schließlich die zweistärkste Kraft. Und Tobias Jurek soll künftig, so ist der Plan, für das BfB im Stadtentwicklungsausschuss und im Sportausschuss sitzen.
Hintergrund
Sowohl BfB als auch UWG entstanden aus einem Aderlass heraus. 1989 verließen führende SPD-Ratsmitglieder die Partei und gründeten die UWG. Zu ihren ersten Gründungsmitgliedern zählten Gerd Pieper, Gisela Urbahn und Egon Faßbender. Auf Anhieb holte die UWG 1989 6,5 Prozent und gehörte seitdem ohne Unterbrechung dem Stadtrat an. Ihr bestes Ergebnis erzielte sie 2004 mit 12,1 Prozent. 2020 waren es noch 3,6 Prozent: Jürgen Müller und Peter Oberhäuser zogen als Ratsmitglieder ein.
Seit 2009 gibt es das Bündnis für Burscheid, sein jetziger Fraktionschef Michael Baggeler war früher in der CDU beheimatet. 2020 wurde das BfB mit knapp 20 Prozent zweitstärkste Kraft und errang acht Mandate. 2022 verließ Ratsmitglied Claudia Hagen die SPD und wechselte zum BfB, das damit neun Sitze hatte. Mit dem Beitritt der UWG-Mitglieder vergrößert sich die Fraktion auf elf Sitze und ist damit nach der CDU (14 Sitze) zweitstärkste Kraft. Die übrigen Fraktionen: Grüne (sieben Sitze), SPD (sechs Sitze) und FDP (zwei Sitze).