Flucht
Ukrainer leben sich in Burscheid ein
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- VonSusanne Kochschließen
Für etwas Lebensqualität sorgen ehrenamtliche Helfer, die jetzt auch wieder gesucht werden.
Burscheid. Am Samstag können die ukrainischen Familien wieder an einem gemeinsamen Ausflug teilnehmen. „Wir organisieren eine Fahrt nach Köln, mit dem Besuch des Doms und vielen weiteren Entdeckungsmöglichkeiten“, sagt Nicole Heß, die sich seit fast einem Jahr für ukrainische Familien in Burscheid einsetzt. „Treffpunkt ist am Samstag um 12 Uhr auf dem Raiffeisenplatz. Wer noch Lust hat, mitzufahren, darf gerne dazukommen.“
Mit Tränen und sehr oft auch mit Ängsten der ukrainischen Flüchtlinge müssen die Ehrenamtlichen umgehen. In Burscheid gibt es jetzt seit fast einem Jahr „Hilfe für Flüchtlinge aus der Ukraine“.
„Wir treffen sie montags am späten Nachmittag im Tennisclub und mittwochs vormittags im Evangelischen Gemeindezentrum“, sagt die Ehrenamtliche Nicole Heß, die das Ganze mit Pfarrerin Katrin Friedel ins Leben gerufen hat.
Hansi Schmidt istnicht mehr wegzudenken
„Mittwochs bieten wir einen Sprachkurs an, das war besonders wichtig, als die Volkshochschule noch nicht so viele Deutschkurse anbieten konnte. Dann werden gleichzeitig die Kinder beaufsichtigt, und eine dritte Runde befasst sich mit allen bürokratischen Fragen, mit Formularen des Jobcenters, mit der Wohnungs- und Jobsuche.“ Die Deutschkurse werden von Annette Jacobs angeboten, in den Ferien von Nadja Richter – und Sabine Heusler hat mittwochs Deutschkurse gegeben. Die Kinderbetreuung wird von Karin Gottbehüt, Monika Godera und Hannelore Dietz-Gith organisiert.
Aus losen Kontakten sind inzwischen Beziehungen entstanden. „Besonders montagabends sprechen wir oft intensiv miteinander“, sagt Nicole Heß. „Die Ukrainer reden über ihre Heimat, sie reden über den Krieg, über die zerbombten Städte, überhaupt über die Situation in der Ukraine.“ Und es komme öfter vor, dass es dann emotionaler werde. „Auf jeden Fall sind die Ukrainer sehr dankbar für die Unterstützung, die sie von uns bekommen“, sagt sie. „Und was auch immer wieder auffällt, sie sind sehr gut vernetzt, sehr strukturiert, zielstrebig und darauf orientiert, Deutsch zu lernen.“
Der Burscheider Hansi Schmidt sei beim Montagstreff nicht wegzudenken. „Er setzt sich ganz toll für die Familien ein“, sagt Nicole Heß. „Wir bemühen uns, den ukrainischen Familien deutsche an die Seite zu stellen, die sie unterstützen.“ Das sei bei der Wohnungssuche sehr hilfreich, auch beim dann anstehenden Umzug. „Hansi Schmidt organisiert einen Lkw, wenn es nötig wird, er sieht sich nach Möbeln um, hilft eine Coach, einen Schreibtisch, einen Schrank oder ein Regal zu organisieren. „Und wenn Deutsche mit zu einem Vorstellungsgespräch gehen, weil die Ukrainer noch sehr unsicher sind, ist das sehr hilfreich“, sagt Nicole Heß. „Das gilt auch für die Kindergartensuche oder einen Besuch im Sanitätshaus.“
Die Schulkinder seien sogar doppelten Belastungen ausgesetzt. „Sie gehen hier vormittags in die Schule und wenn sie nachmittags nach Hause kommen, bekommen sie noch mit dem Laptop ukrainischen Unterricht. „Die ukrainischen Kinder sind oft viel weiter in Mathematik und Naturwissenschaften“, sagt Nicole Heß. „Manchmal wünschte ich, dass sie nicht so großem Druck ausgesetzt werden, sondern nachmittags auch Zeit hätten, wie die anderen Schulkinder.“ Aber weil die meisten Ukrainer so schnell wie möglich, wieder zurück wollen würden, müsse auch an die Zukunft der Kinder gedacht werden.
Den ukrainischen Familien wird aber nicht nur bei der deutschen Bürokratie geholfen. „Wir kümmern uns auch ums Freizeitgeschehen“, sagt Nicole Heß. Bei den Treffen im Tennisclub Grün-Weiß werde meistens einmal im Monat gegrillt. „Da kommen dann oft 70 bis 80 Menschen“, sagt Nicole Heß. Neben den regelmäßigen Grillabenden, würden Ausflüge, Wanderungen und eine Tour zum Kletterpark den Ukrainern immer wieder gut tun – und sie würden rege teilnehmen. Die große Halloween-Party, die sie gefeiert haben, hat allen noch mal einen positiven Kick verliehen. „Das war auch bei der Weihnachtsfeier so, die war sehr schön und anrührend.“ Der Tennisclubwirt Thomas Kwade hatte für alle ein Weihnachtsmenü gekocht. „Und der Weihnachtsmann hat die Kinder besucht“, sagt Nicole Heß. „Und das vorgelesen, was die Eltern ihm vorher auf einem Zettel aufgeschrieben hatten. Und dann haben die Mädchen und Jungen die fertig gepackten Tütchen übergeben bekommen.“ Sechs Weihnachtslieder wurden gesungen: drei auf Ukrainisch und drei deutsche Weihnachtslieder.
In Burscheid leben derzeit 220 ukrainische Menschen
In Burscheid leben derzeit 220 ukrainische Menschen. „Die wenigsten inzwischen in einer Flüchtlingsunterkunft“, sagt Nicole Heß. „Die meisten wohnen in eigenen Wohnungen, die die Vermieter zur Verfügung gestellt haben.“ Dringend gebraucht würden noch ehrenamtliche Helfer, die sich mit den Ukrainern zusammensetzen und zum Beispiel helfen, Formulare auszufüllen. „Und was ganz wichtig ist, ist auch beispielsweise die Leseförderung.“ Es fehlten leider genug Kindergartenplätze. „So muss dann die Oma aufs Kind aufpassen und kann selbst keinen Deutschkurs besuchen“, sagt Nicole Heß bedauernd. „Aber die Situation für die ukrainischen Flüchtlinge ist in Burscheid insgesamt sehr gut.“
Einige Ukrainer seien inzwischen schon wieder zurückgegangen, andere wollen hierbleiben und Fuß fassen. „Und auch bei den Kindern bemerkt man Unterschiede“, sagt Nicole Heß. „Einigen fällt es leicht, Deutsch zu lernen, sie fassen viel schneller Fuß, andere tun sich sehr schwer damit.“ Aber jetzt würde die Mitgliedschaft im Fußballclub, beim Tennisspielen oder beim Judo den Kindern helfen, im Bergischen anzukommen.
Potenzielle Helfer können sich bei Nicole Heß unter Tel. (01 63) 4 27 26 94 oder Katrin Friedel unter Tel. (0 21 74) 74 92 56 melden.