Bühne
„Romy Schneider ist kein Opfer, sie hat ein Schicksal“
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Im Kulturbadehaus spürt Schauspielerin Chris Pichler am Sonntag der unvergessenen Sissi-Darstellerin nach.
Von Nadja Lehmann
Ihrem Wiener Buchhändler hat Chris Pichler ihr Solo-Programm über Romy Schneider zu verdanken: Er drückte ihr das Tagebuch der deutsch-französischen Schauspielerin in die Hand, als sie auf der Suche nach passendem Textmaterial war. „Ich habe zuerst gezögert“, erinnert sich Chris Pichler. Eine Schauspielerin, die eine Schauspielerin spielt? Fand sie zunächst nicht verlockend. Dann stand Pichler in Bad Ischl, dem Sommersitz von Kaiserin Sissi, auf der Bühne und fühlte in Ausdruck und Gestus plötzlich die eigene Ähnlichkeit zu Romy Schneider: Ein Moment, der alles entschied.
„Ich habe alle ihre Interviews gelesen und habe gründlich recherchiert“, erzählt Pichler. Ihr Ziel: die öffentliche und die private Romy Schneider dazustellen – die Schauspielerin und die Frau. Nun tritt sie am morgigen Sonntag mit „Romy Schneider – zwei Gesichter einer Frau“ im Kulturbadehaus auf.
Fast jeder hat ein Bild, eine Erinnerung an Romy Schneider im Kopf. Das naive Mädchen in der Rolle der Sissi natürlich. Die junge Frau, die von Sissi die Nase voll hat, die alles hinter sich lässt, nach Frankreich geht. Die dort Alain Delon liebt und von ihm verlassen wird. Deren Sohn David so tragisch verunglückt. Ihr Tod mit 43 Jahren.
Bewunderung für den persönlichen Wagemut
„Sie ist kein Opfer“, sagt Chris Pichler. „Sie hat ein Schicksal, das ja. Aber das hat sie selbst immer wieder in die Hand genommen.“ Stillstand sei ihr nicht möglich gewesen, Aufgeben ebenfalls nicht: „Das bewundere ich an ihr“, sagt Pichler.
Chris Pichler ist Wahl-Wienerin, hat an der dortigen Uni Schauspiel studiert, stammt aus dem oberösterreichischen Linz und spricht in denselben weichen Tönen, wie es die in Wien geborene Romy Schneider tat. „Ich bin ihr auch äußerlich ähnlich, da muss ich gar nicht viel machen“, sagt Pichler. Stimmklang und Duktus müsse sie aufnehmen, eine typische Spannung um die Augen erzeugen: „Aber das habe ich als Schauspielerin ja gelernt.“ Gleichwohl maße sie sich nicht an, alles zu wissen und zu verkörpern: „Ich lasse ihr Geheimnisse. Aber ich versuche, ein authentisches Bild zu vermitteln.“ Chris Pichler wagt eine Annäherung. Vermittelt einen Blick auf den Menschen.
Pichler verkörpert Schneider in verschiedenen Lebensphasen, spürt ihrer Zerrissenheit und Ambivalenz nach. „Sie hat mitgespielt und wollte doch immer wieder ausbrechen. Ich habe ein ganz frühes Interview mit ihr und ihrer Mutter Magda Schneider gesehen. Da war bereits ein innerer Widerstand, den sie bloß noch nicht artikulieren konnte. Man sieht es an ihrem Blick.“ Doch zu dem über alles geliebten Beruf gab es letztlich keine Alternative: „Sie weiß sehr früh, welchen Preis sie zahlen muss. Aber wenn einen die Leidenschaft für die Schauspielerei gepackt hat...“
Eine Beglückung, die Chris Pichler ebenfalls kennt. „Er ist meine Freude, meine Lebensenergie“, sagt sie über ihren Beruf. Und diese Energie beflügelt sie immer wieder neu, gerne auch im musikalischen Sektor: Sie singt und schreibt Libretti, arbeitet auch an der Wiener Staatsoper, geht mit ihren Programmen auf Tournee durch den deutschsprachigen Raum.
„Romy Schneider hat sich selbst als unpolitisch gesehen“, sagt Chris Pichler. Eine Einschätzung, die sie nicht teilt. Sie macht die aufbegehrende Romy Schneider aus, die nach Frankreich ging und dort kritische Filme drehte, was Deutschen und Österreichern überhaupt nicht gefiel – insofern auch ein Stück Nachkriegsgeschichte. „Sie hat mit einer klaren inneren Haltung gespielt“, sagt Pichler.
Sie zeichnet die zwei Gesichter dieser Ausnahmeschauspielerin nach – und manchmal seien es sogar drei: „Auch meines ist ja dabei“, sagt Pichler. Vieles überlappt sich, darf deckungsgleich sein: Manchmal ist aber auch allein Chris Pichler sichtbar – und ihr Nachspüren.
Und im Gegensatz zu Romy Schneider, die der Sissi zu entfliehen trachtete, widmet Pichler ihr ebenfalls ein Soloprogramm, das mit „Sissi goes Elisabeth“ betitelt ist. „Ja, ich spiele die Kaiserin“, sagt Pichler mit einem Lächeln. Für sie kein Widerspruch: Ob Romy oder Elisabeth – in beiden Programmen steht eine Frau im Mittelpunkt, der Schönheit, Glamour, Erfolg wie von selbst zuzufliegen scheinen. Und die beide ihr Leben lang an sich zweifeln und nach persönlichem Glück suchen.
Chris Pichler tritt am morgigen Sonntag im Kulturbadehaus, Bürgermeister-Schmidt-Straße, auf. Beginn ist um 18 Uhr. Tickets gibt es online.