Räumliche Entwicklung
Ortspolitiker kritisieren Regionalplan
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Stadt konzentriert sich in ihrer Version vor allem auf bauliche Entwicklung - das stößt auf Widerstand.
Von Nadja Lehmann
Einen Überraschungsangriff habe man nicht geplant, entschuldigte sich der FDP-Fraktionsvorsitzende Joachim Wirths. Ursprünglich habe man eine gemeinsame Erklärung aller Fraktionen vorgesehen, das habe nicht geklappt. Ergebnis: FDP und Grüne preschten im Stadtentwicklungsausschuss mit zwei Stellungnahmen vor und überrumpelten die überraschte Stadtverwaltung. Das Thema: der Regionalplan.
Noch bis 31. August steckt die Stadt Burscheid mittendrin im Beteiligungsverfahren für den Regionalplan. Diesen legt die Bezirksregierung Köln neu auf. Zum Stadtentwicklungsausschuss hatte die Stadtverwaltung nun ihren mit der entsprechenden Stellungnahme zum Entwurf vorgestellt. Die Stadt konzentriere sich, so heißt es in der Beschlussvorlage, dabei vor allem auf die bauliche Entwicklung.
Denn: „Wir haben Bedarf an Wohnraum“, machte Amtsleiterin Heike Wunderlich deutlich. Dieser wird im so genannten Allgemeinen Siedlungsbereich“ (ASB) verortet, und die Stadt weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass neues Wohnraumpotenzial auch außerhalb des ASB entwickelt werden müsse.
Das stieß auf entschiedenen Widerspruch von Ute Hentschel: „Wir haben doch Konsens darüber, dass wir keine neuen Baugebiete außerhalb der Zentren entwickeln wollen“, betonte die Grünen-Politikerin und hob die Bedeutung der innerstädtischen Verdichtung hervor. Insbesondere kritisierte sie Pläne für Kuckenberg und Dierath, die neu als Teil des ASB auftauchen: Dort soll eine neue Feuerwache gebaut und ein Gewerbegebiet Richtung Nagelsbaum ausgewiesen werden. „Das wird die Dierather sehr freuen“, kommentierte Hentschel ironisch.
Sie kritisierte auch die Erweiterung des ASB im Bereich Bellinghausen bis ans Naturschutzgebiet Eifgenbachtal: Das sei die völlig falsche Richtung, das Naturgebiet dürfe nicht beschnitten werden: „Wir opfern Bellinghausen nicht für wohlhabende Düsseldorfer und Kölner, die sich hier ansiedeln wollen.“
Der Regionalplan stellt wichtige Weichen
Klaus Becker signalisierte da Übereinstimmung, doch die Lage stufte der SPD-Fraktionsvorsitzende weniger dramatisch ein: „Letztendlich entscheiden wir im Rat, was wir wollen oder nicht.“ „Wir sollten uns die Möglichkeit zur Erweiterung nicht nehmen lassen“, fand Bernhard Cremer (BfB), und das unterstützte auch Amtsleiterin Heike Wunderlich: „Der Regionalplan entwickelt Ideen, was in 30, 40 Jahren sein könnte. Ob man dann wirklich so entscheidet, sei dahingestellt.“ Ute Hentschel blieb jedoch hart: „Diese Richtung gefällt mir nicht.“ Angesichts des Klimawandels müsse man heute anders planen; es gelte nicht, mehr Flächen auszuweisen, sondern: „Wir müssen unsere Städte so qualifizieren, dass man in ihnen leben kann.“
Der Regionalplan stellt wichtige Weichen; er bildet den Rahmen für die räumliche Entwicklung einer Kommune. Damit stößt er Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum an. Die Regionalplanung legt Ziele und Grundsätze der Raumordnung fest, steuert Ansiedelung und die Entwicklung von freiem Raum. Wo kann und darf es Gewerbe geben? Wo entstehen Straßen? Wo darf sich großflächiger Einzelhandel niederlassen? Wie steht es um Raumansprüche erneuerbarer Energien? Wie um die Rohstoffsicherung und um vorbeugenden Hochwasserschutz?
Es sind nur ein paar der Fragen, auf welche die Regionalplanung Antworten gibt. Es gilt, Ressourcen zu sichern, landwirtschaftliche Nutzflächen zu erhalten und eine Balance zwischen Ansiedelung und Freiraum zu bestimmen. Das wichtigste Instrument dabei ist der Regionalplan: Er bildet die Schnittstelle zwischen Landesentwicklung und kommunaler Bauleitplanung.
Er ist aber auch für private Personen verpflichtend, sobald Vorhaben von über behördlicher Bedeutung geplant werden – beispielsweise Deponien, Kiesgruben, Windparks. Seine Grundlage bilden Daten zur demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung, zu Pendlerverhalten, zu Siedlungsstruktur und Flächennutzungen.
Hintergrund
Weil Grüne und FDP überraschend mit schriftlichen Stellungnahmen und Ergänzungswünschen aufwarteten (die FDP widerspricht angesichts der Ukraine-Flüchtlinge dem prognostizierten Bevölkerungsrückgang), fiel im Stadtentwicklungsausschuss kein Beschluss. Das Thema wurde in den Rat verschoben, damit die Verwaltung bewerten und aktualisieren kann.