Klar wie Kloßbrühe auf Wolke sieben schweben
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Unsere Autorin macht sich ihre Gedanken über Redensarten.
Von Ursula Hellmann
Ulla spielte mit ihrem Opa Mensch ärger dich nicht : Opa macht sich einen Spaß daraus, die Spielfiguren der Kleinen immer kurz vor dem Ende einer Spielrunde wieder aus dem Feld zu schlagen. Da wurde Ulla fuchsteufelswild, warf das Spielbrett und alle Kegel bis in die hinterste Zimmerecke. Sehr viel später ließ sie sich von Oma erklären, wieso die Wut ihrer Enkelin solch einen langen Namen hatte.
Fuchsteufelswild benahmen sich manche Leute, und das, solange es Menschen gibt. Mit diesem Ausdruck wurden sie aber erst im 16. Jahrhundert charakterisiert. Als drastisches Beispiel für dieses wilde Ausrasten stand höchstwahrscheinlich das Verhalten von einem in der Falle gefangenen Fuchs Pate. Sein verzweifeltes Winden und Aufbäumen kommt seiner höllischen Angst dem symbolischen Bild wohl am nächsten.
Ja, wer sich zu oft zu solchen unbeherrschten Ausbrüchen hinreißen lässt, dem müssten eigentlich ernsthaft - die Leviten gelesen - werden. Die Ermahnungen und Strafandrohungen hierzu kommen manchmal ebenso streng und unausweichlich auf die Ertappten zu wie die Gesetzesvorschriften, die von den Leviten, also den alttestamentlichen Priesterhelfern, festgelegt wurden.
Ob die Kritik über die Missetaten von männlichen oder weiblichen Kritikern ausgesprochen werden, ist den Delinquenten meist Jacke wie Hose. Diese Einstellung wurde im 17. Jahrhundert eine stehende Redewendung. Damals wurde es üblich, Hosen und Oberteile vielfach aus den gleichen Stoffen zu arbeiten. Dieser Ursprung dürfte generell jedem klar sein; das ist doch wohl so klar wie Kloßbrühe!
Schmackhafte Brühe mit Kloßeinlagen muss aber nicht durchsichtig und klar sein, wie jeder Feinschmecker bestätigen wird. Die – ursprünglich gemeinte – Kloster-Brühe jedoch war tatsächlich so klar und kalorienarm wie sie mehr hungrig machte als satt. Ihre ironische Verkürzung zur Kloßbrühe machte den Kohl auch nicht fett.
Bedeutungen von Sprichworten findet man in der Vergangenheit
Ja, bei manchen Sachverhalten ist tatsächlich Hopfen und Malz verloren. Das beklagten bereits Hausfrauen vor langer Zeit, wenn ihre teuer erstandenen Zutaten für selbst gebrautes Bier durch einen in die Hose gegangenen Brauvorgang ungenießbar geworden war. Entweder waren die Dolden - die weiblichen Blütenstände der kultivierten Hopfenpflanze - zu heiß gesiedet worden oder das ‚Malz‘ hat in irgendeinem der komplizierten Arbeitsabläufe versagt. Dazu musste Getreide – meistens Gerste - kurz zum Keimen gebracht werden, dann getrocknet und ergab dann in einem sehr aufwändigen, langwierigen, chemischen Ablauf plus Zusatzmitteln und wochenlanger Lagerung eine zuckerhaltige Masse. Das komplette Prozedere war also durch Fehler in der Herstellung äußerst gefährdet und im Fall von Nichterfolg völlig verloren. Dass auch der zum Sieden gebrachte Hopfen einmal den Anlass gab zu einem deftigen Ausspruch, „da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt! daran ist wohl der schlitzohrige Till Eulenspiegel schuld.
Er verstand die Anweisung seines Chefs ganz falsch und warf statt den Hopfen-Pflanzen den Hund seines Braumeisters in die Pfanne – zu dessen Unglück trug der Arme leider den Namen Hopf, das war das Pech seines Lebens.
Redewendungen gibt es für fast jede Lebenslage
Redewendungen, die mit konturenscharfen Bildern die konkrete Lage einer Situation deutlich machen, gibt es, so wie es aussieht, wie Sand am Meer.
Wer, zum Beispiel, verliebt ist und darum schrecklich gerne auf Wolke sieben sitzen möchte - also in dem von vielen Kulturen vermuteten siebten Himmel - , der sollte im Augenblick seiner romantischen Annäherung keinen Frosch im Hals haben. Die Frösche im Teich können sich aber beruhigen. Leute, deren Stimme zeitweise versagt und solche, die zusätzlich mit einem sichtbaren Knoten im Kehlkopf leben müssen, leiden an einem Geschwulst, das als Ranula bekannt ist. Da es bei Sprechversuchen seinen Stand unter der Haut ständig verändert, ähnelt es einem Laubfrosch, der sich nicht entscheiden kann, wie morgen das Wetter wird.
Dass niemand in so eine peinliche Lage kommen möge, dafür drücken dem Armen sicher viele Freunde die Daumen. Und was soll das bedeuten? Die Redensart wird darauf zurückgeführt, dass man bei einem Wettkampf die Hände unwillkürlich zusammenkrampft, wenn man sich stark wünscht, dass jemand Erfolg haben möge. Außerdem war es bei den Gladiatorenspielen im antiken Rom die übliche Geste, mit der für einen gestürzten Kämpfer um Gnade gebeten wurde. Wer jemandem den Daumen drückt, hat von der uralten Bedeutung kaum eine Ahnung. In dem am unverzichtbarsten Teil der Hand vermuteten ängstliche Zeitgenossen den Sitz eines Dämons. Und den galt es unter allen Umständen fest gefangen zu halten, damit er niemanden schaden konnte. So wurde der eingeknickte Daumen vom Dämonensitz im Umkehr-Schluss zum Glücksbringer, da man das Böse schließlich machtlos wähnte.
Bei so viel Symbolik ist es verständlich, wie jeder aufatmet, wenn endlich einmal alles in Butter ist. Auf ökonomische Weise vorbildlich handelten also im Mittelalter Händler mit Porzellan oder Glas, wenn sie ihre zerbrechliche Ware nicht nur in Kisten verpackten, sondern die teuren Güter mit geschmolzener und dann ausgehärteter Butter fixierten. Offenbar konnten sich die Transporteure diese wertvolle Verpackung leisten. Damit endet die Wanderung entlang den geflügelten Worten und gibt sich auf weitere Suche nach solchen jenseits der Grenzen. Wie weit es noch geht, ist nicht von Belang, schließlich führen alle Wege nach Rom!