Engagement

Eva Scholand ist „Burscheiderin des Jahres“

Seit 1989 hat sich Eva Scholand für die Stadtbücherei eingesetzt. Einfach zuhause zu sitzen ist nichts für die 73-Jährige.
+
Seit 1989 hat sich Eva Scholand für die Stadtbücherei eingesetzt. Einfach zuhause zu sitzen ist nichts für die 73-Jährige.
  • VonNadja Lehmann
    schließen

Seit 1989 mit dem Förderverein für die Bücherei im Einsatz.

Bücher habe sie erst spät entdeckt, bekennt Eva Scholand. Auch sei ihr in der Kindheit nicht so oft vorgelesen worden wie sie es jetzt beispielsweise bei der eigenen Enkelin erlebe. Späte Lieben pflegen aber meist um so tiefer zu sein. Auch hier. Denn wer sich mit der Stadtbücherei beschäftigt, stößt rasch auf den Namen Eva Scholand: Sie hat den Vorsitz des Fördervereins der Stadtbücherei zwar inzwischen in jüngere Hände abgegeben, hat diesen aber über viele Jahre geprägt und ihm Impulse verliehen. Auf der Bühne des Familien- und Umweltfests nahm die 73-Jährige dafür die Auszeichnung als „Burscheiderin des Jahres 2022“ entgegen (wir berichteten). „Ich wünschte, das wäre schon früher passiert“, sagt sie mit einem Lächeln. „Denn ich bin so oft darauf angesprochen worden: Diese Aufmerksamkeit hätte der Stadtbücherei schon früher gut getan.“

Denn Pläne und Wünsche für „ihre“ Stadtbücherei, die hegt Eva Scholand immer noch. „Längere Öffnungszeiten“, sagt sie spontan. „Wenn die Bücherei schließt, kommen viele Berufstätige erst nach Hause.“ Eine Krux, die sie aus eigener Erfahrung kennt – als frühere Lehrerin für Englisch und Kunst am Landrat-Lucas-Gymnasium. Der Weg in die Bücherei und damit ins Ehrenamt wurde erst frei, als sie aus gesundheitlichen Gründen aufhören musste.

Die Freude an der Vermittlung aber, an neuen Methoden, die blieb. Einfach zu Hause sitzen, das war und ist nichts für Eva Scholand. „Ich hatte auch nie Angst vor Veränderungen“, sagt sie über sich. Vielleicht sei das etwas, das einer entscheidenden Zäsur zu verdanken sei: Als Neunjährige verließ sie mit den Eltern ihre Heimat in Sachsen-Anhalt, noch vor dem Mauerbau. „Wir sind mit der S-Bahn nach Westberlin gefahren, und dort haben mir meine Eltern gesagt, dass wir nicht zurückkehren.“ Ihre Schwester habe Bescheid gewusst, sie selbst habe sich nur gewundert, dass die Eltern im Vorfeld so viele Sachen weggegeben hätten und die Wohnung immer leerer geworden sei, erzählt die 73-Jährige. Den Neuanfang fand sie toll: „Das war doch der goldene Westen. So dachten wir damals.“

Mit der Familie ging es via Baden-Württemberg und Hannover schließlich ins Ruhrgebiet und dann nach Köln. Dort hat Eva Scholand dann auch studiert. Und wollte eigentlich im Alter mit ihrem Mann dorthin zurückkehren. „Das passt aber nicht mehr. Zu viele Menschen, zu viel Krach“, schüttelt sie den Kopf.

„Eine Bücherei kann nicht nur Ausleihort sein.“

Eva Scholand

Keine Angst vor Veränderung: Als das Berufsleben durch Krankheit unmöglich wurde, bildete sich Eva Scholand weiter, in Gesprächsführung und gewaltfreier Kommunikation. Und das brachte sie auch in den Förderverein ein, zu dessen Gründungsmitgliedern sie 1989 zählte. „Ich habe Stifte und Papier auf den Tisch gelegt, und jeder sollte Ideen und Wünsche notieren. Das hat etliche geschockt“, erinnert sie sich. Zum damals neuen Förderverein gab es für Scholand keine Alternative: „Die damalige Büchereileitung hat gesagt, das Gebäude am Markt ist schön. Aber das sei nicht das, was Bücherei ausmacht“, erzählt sie. Für die Anschaffung von Medien aber fehlte der Stadt das Geld. Wie kann man etwas verdienen, um es in die Bücherei zu stecken: Das sei ihre Motivation gewesen, sagt Eva Scholand. Sie gründete die Burscheider Bücherwoche, organisierte Filmabende und die Lesekarawane, bei der der Burscheider Einzelhandel mitmachte. Kunsthandwerkermarkt, Gesprächsrunden, Reiseberichte mit Dias und Englisch-Konversation trugen die Handschrift von Eva Scholand. Und die Literarischen Vormittage, die es noch immer gibt, und bei denen die Teilnehmer sich gegenseitig ihre schönsten Buchtipps vorstellen.

„Eine Bücherei kann nicht nur Ausleihort sein“, sagt Eva Scholand. Ein Trend, den sie früh erkannte, und der heute unter dem Stichwort „Dritter Ort“ bundes- und europaweit umgesetzt wird: die Bücherei als Treffpunkt, als Erweiterung der eigenen Wohnung. Das so genannte „Maker Space“, das im benachbarten Kramerhaus Gestalt annehmen soll, hat Scholand maßgeblich mitangestoßen: „Wir wollen dort einen Raum schaffen, in dem man Geräte nutzen kann.“

Ihr Traum ist die Kombination von Buch und Café

Lange hat Eva Scholand auch von einer Kombination Buch und Café geträumt, nach dem Vorbild USA, in dem sie viele Antiquariate in dieser Form erlebt hatte. „Jetzt kommt es, zwar anders als gedacht, aber doch auch bei uns“, sagt sie. Denn im Kramerhaus soll auch die Begegnungsstätte Tri-Café einziehen.

Viel müsste noch in der Bücherei passieren, findet Eva Scholand. Aber: „Dazu braucht es mehr Personal.“ Fünf Köpfe zählt das Team, das komplett in Teilzeit arbeitet. „Und oft länger da ist“, hebt Scholand hervor. Seien es längere Öffnungszeiten oder neue Ausleihsysteme – alles verlangt nach Fachkräften. „Da muss jedes Buch vorbereitet, in die Hand genommen und codiert werden“, sagt Scholand mit Blick auf eine zukünftige automatisierte Ausleihe und Rückgabe.

Bereits auf der Bühne bei der Verleihung ermutigte sie die Burscheider, die Stadtbücherei zu ihrer Angelegenheit zu machen. Wünsche zu äußern. Medien auszuleihen. Den Förderverein zu unterstützen. „Das hier“, sagt Eva Scholand und meint das Innere und Äußere des so markanten und schönen Gebäudekomplexes am Markt, „könnte doch ein Kleinod werden.“ Und wer weiß, was auch Eva Scholand dazu noch einfällt.

Unsere News per Mail

Nach der Registrierung erhalten Sie eine E-Mail mit einem Bestätigungslink. Erst mit Anklicken dieses Links ist die Anmeldung abgeschlossen. Ihre Einwilligung zum Erhalt des Newsletters können Sie jederzeit über einen Link am Ende jeder E-Mail widerrufen.

Die mit Stern (*) markierten Felder sind Pflichtfelder.

Meistgelesen

Eltern klagen für ihren Nachwuchs auf Kita-Plätze
Eltern klagen für ihren Nachwuchs auf Kita-Plätze
Eltern klagen für ihren Nachwuchs auf Kita-Plätze
Wiedenhoff muss um seine Buslinien bangen
Wiedenhoff muss um seine Buslinien bangen
Wiedenhoff muss um seine Buslinien bangen

Kommentare