Häusliche Gewalt
Die Pandemie hat die Probleme verstärkt
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Der Verein Frauen-Zimmer berät Frauen und Mädchen, die Opfer sexualisierter Gewalt wurden.
Von Claudia Radzwill
Burscheid. Die Nachricht ließ dieser Tage aufhorchen. Auch im zweiten Corona-Jahr habe es erneut mehr Opfer häuslicher Gewalt gegeben, hieß es in Medienberichten. Die meisten Opfer waren demnach Frauen. Auch der Verein Frauen-Zimmer in Burscheid zählte 2021 einen deutlichen Anstieg an Ratsuchenden – um rund 16 Prozent.
In der Beratungsstelle finden Frauen Hilfe, denen sexualisierte Gewalt widerfahren ist. Christine Warning erklärt: „Und auch in den ersten drei Monaten dieses Jahres sind wir zu gut einem Drittel mehr kontaktiert worden.“
Derzeit pendele sich der Beratungsbedarf auf ein Niveau ein, das vergleichbar sei mit den Jahren zuvor. „Auch außerhalb von Corona gibt es immer Beratungswellen, doch in der Pandemie multiplizierten sich in Familien Probleme – das haben wir gespürt,“ sagt die Beraterin.
Existenzängste, Arbeitslosigkeit, Lagerkoller, psychische Probleme und sexualisierte Gewalt – die Fälle, mit denen sie und ihre Kolleginnen Anja Haussels und Antje Winterscheidt konfrontiert wurden, waren häufig komplexer als in der Vor-Coronazeit.
Die Beratungsstelle berät Frauen und Mädchen im Fall des sexuellen Missbrauchs, doch das Team ist gut vernetzt und kann auch bei weiteren Problemen an die richtigen Stellen weiterleiten. „Uns ist es wichtig, umfassend zu helfen,“ sagt Christine Warning. Dazu kooperiere man mit anderen Anlaufstellen und Ämtern.
„Uns anzurufen, zu uns zu kommen, viele müssen dazu eine hohe Hemmschwelle überwinden“, weiß Warning. Vertrauen aufbauen steht an oberster Stelle. „Wir drängen niemanden zu irgendetwas, sondern wir zeigen mögliche Wege auf. Hilfe zur Selbsthilfe. Dazu ist es wichtig, zu sehen, was die Frau selbst möchte“, erklärt sie.
Nicht nur Rat und Unterstützung finden Frauen und Mädchen im geschützten Raum des Frauen-Zimmers. Wer den Wunsch äußert, der wird zum Arzt, zur Polizei und zur Anwaltskanzlei begleitet. „Keiner muss diese Schritte allein machen.“
Die Beratungsstelle suchen Frauen jedes Alters auf. „Mädchen ab 14 Jahren bis hin zu Frauen im Rentenalter“, umfasst es Christine Warning. Gerade Menschen, die in längeren Partnerschaft leben, falle es schwer, den Absprung aus einer gewaltgeprägten Beziehung zu schaffen. Das könne Jahre dauern.
In ihren Gesprächen trifft das Beraterinnen-Team aber auch auf Frauen, wo der sexuelle Missbrauch lange zurückliegt. „Fälle, die im Kindesalter passieren, sind verdrängt worden. Doch das Trauma ist damit nicht weg. Ein Auslöser bringt alles wieder hoch.“
Nach der Corona-Pause werden in der zweiten Jahreshälfte die Selbstverteidigungskurse im WenDo wieder starten. Die Selbsthilfegruppe findet wieder in Präsenz statt – in der Corona-Zeit haben sie sehr gefehlt, berichtet die Beraterin. Das Schutzpräventionsprojekt „Luisa“ geht wieder an den Start – ein Hilfsangebot für Frauen, die in der Party- oder Kneipenszene aus einer unangenehmen Situation heraus möchten. Mit der Frage „Ist Luisa hier?“ können sich Frauen ans Thekenpersonal wenden und bekommen unmittelbar und diskret Hilfe.
Dafür werden Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnen in Kneipen, Restaurants und Bars geschult – eine Liste der teilnehmenden Gastronomie-Betriebe gibt’s auf der Homepage des Vereins. Mittlerweile machen 38 Städte mit, der Rheinisch-Bergische ist der erste teilnehmende Kreis.
Hintergrund
Der Verein Frauen-Zimmer in Burscheid ist Beratungsstelle für sexualisierte Gewalt für den Rheinisch-Bergischen Kreis. Sie wird vom Land NRW gefördert. Die Beraterinnen haben unterschiedliche Zusatzqualifizierungen in den Bereichen Psychotraumatologie, Psychodrama, Systemische Familientherapie, Trauerbegleitung, Trauma und Sexualität.