Verkehr
Initiative für Tempo 30: BfB will Burscheids Beitritt
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Kampagne fordert, dass Kommunen selbst über Geschwindigkeitslimit entscheiden dürfen. Das sind die Beweggründe.
Von Nadja Lehmann
Burscheid. Das „Bündnis für Burscheid“ (BfB) plädiert für einen Beitritt Burscheids in die bundesweite Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden durch angemessene Geschwindigkeiten“. Die Initiative wirbt dafür, dass die Kommunen vor Ort selbstständig entscheiden dürfen, wo und ob sie Tempo 30 einführen (wir berichteten).
Das BfB hat einen dem entsprechenden Antrag in Richtung Stadtrat gestellt, der darüber befinden soll. Mit einem Beitritt wäre Burscheid die siebte Kommune im Rheinisch-Bergischen Kreis – nach Bergisch Gladbach, Kürten, Leichlingen, Odenthal, Overath und Rösrath –, die die Forderungen und Ziele der Initiative unterstützt.
„Wir werden immer wieder von Bürgerinnen und Bürgern mit Forderungen nach verkehrsberuhigenden Maßnahmen konfrontiert. Nicht selten sind diese Forderungen gerechtfertigt“, erklärt Vereinsvorsitzender und Ratsmitglied Volker Höttgen.
„Wir vor Ort sind bürgernäher und können die Notwendigkeit eines Tempolimits meist besser einschätzen“, unterstreicht BfB-Fraktionschef Michael Baggeler. Und dies betreffe nicht allein ein Tempo 30. Volker Höttgen: „Wo jetzt Tempo 70 gilt, ist es womöglich sinnvoller, Tempo 50 vorzuschreiben.“
Wie hat sich die Initiative gegründet - und wer ist dabei?
Zum Hintergrund: Im Sommer 2021 taten sich sieben Kommunen zusammen: Aachen, Augsburg, Freiburg, Hannover, Leipzig, Münster und Ulm riefen die Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ ins Leben. „Wir wollten mehr Beinfreiheit bei der Verkehrsplanung bekommen“: So erklärte es zu Jahresanfang Gunter Czisch, Ulmer Oberbürgermeister, der Stuttgarter Zeitung. „Wir wollen weniger Gängelung.“
Bei der Anordnung von Höchstgeschwindigkeiten seien den Städten und Kommunen viel zu enge Grenzen gesetzt. Eine entsprechende Veränderung hatte gar die Ampelkoalition selbst in Aussicht gestellt. Doch seitdem tue sich nichts, moniert die Initiative. Ihr selbst ernanntes Ziel: die Kommunen lebenswerter und zukunftsfähiger zu machen.
Das kommt an. Zählte die Initiative im Februar 429 Mitglieder, sind es nach aktuellem Stand bereits 625. Dörfer, Städte und inzwischen auch ganze Landkreise sind dabei. Burscheids Nachbar Leichlingen trat ebenso im März ein wie das oberbergische Gummersbach.
Inzwischen unterhält die Initiative eine eigene Geschäftsstelle, hält ein Gespräch mit Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) für die Mindestforderung und die versprochene Umsetzung für geboten: Im Februar schaltete man sich zur Online-Konferenz mit rund 500 Teilnehmern zusammen.
Das Entscheidungskonstrukt hat sich bewährt.
Die Zuständigkeit für verkehrslenkende Maßnahmen in Burscheid, aber auch in Odenthal und Kürten, liege beim Rheinisch-Bergischen Kreis: So hatte die Stadtverwaltung damals auf die Anfrage des Bergischen Volksboten reagiert. Und weiter: „Aktuell ist es so, dass die Stadt Burscheid Anregungen oder Hinweise – auch aus der Bürgerschaft – regelmäßig an die für verkehrslenkende Maßnahmen zuständige Kreisverwaltung bzw. die Verkehrsbesprechung weitergibt. Das Entscheidungskonstrukt hat sich bewährt.“
Indes hatten jüngst auf der Ratssitzung die Ortspolitiker nachgefragt, ob und wann die Verkehrsbesprechung überhaupt mal wieder zusammentrete, nachdem die Pandemie die Anzahl der Sitzungen dezimiert habe. Letztendlich entschieden über verkehrspolitische Maßnahmen aber ohnehin die zuständigen Burscheider Gremien: So hatte es die Stadt in ihrer Antwort im Februar betont.
„Im Mittelpunkt des Anliegens steht das Ziel, durch ein stadt- und umweltverträgliches Geschwindigkeitsniveau auch auf den Hauptverkehrsstraßen der Innenstädte mehr Lebensqualität zu schaffen“, heißt es beim BfB. Dessen Mitglieder zeigen sich optimistisch, was die Erfolgsaussichten der bundesweiten Kampagne angeht – zumal auch NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Bündnis 90/Grüne) ein Unterstützer sei.
Hintergrund
Die Initiative, die sich zur Mobilitäts- und Verkehrswende bekennt, fordert den Bund auf, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Kommunen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts anordnen können, wo sie es für notwendig halten. Derzeit legt §45 der Straßenverkehrsordnung - ein Bundesgesetz - fest, dass Tempo 30 nur bei konkreten Gefährdungen bzw. vor sozialen Einrichtungen wie Kitas und Schulen angeordnet werden kann.