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Solinger bringen buddhistisches Mantra in Uhren
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Gerade einmal 0,15 Millimeter groß sind die Schriftzeichen, die L-Tec Brabender auf Zahnräder lasert.
Von Manuel Böhnke
Solingen. Die Rädchen sind gerade einmal so groß wie ein Streichholzkopf. Und doch findet auf ihnen mehrfach der Schriftzug „Om mani peme hung“ Platz. Das buddhistische Mantra soll Gefühlen wie Hass, Stolz, Neid und Missgunst etwas entgegensetzen. Gebetsmühlen bringen Leitsprüche wie diesen normalerweise zum Drehen. Im vorliegenden Fall ist es eine Solinger Firma. Mittels moderner Lasertechnik hat die L-Tec Brabender GmbH & Co. KG das Mantra auf Zahnräder graviert. Die Schriftzeichen sind 0,15 Millimeter klein. Sie kommen in den Uhren der Sherpa Watches GmbH zum Einsatz. Darin drehen sie sich mehr als 30 Millionen Mal pro Jahr.
Als ihn die Anfrage erreichte, musste Frank Lipkow nicht lange überlegen. „Ich habe selber ein Faible für Uhren und fand das Projekt einfach gut“, betont der Vertriebsleiter von L-Tec Brabender. Die Idee ist knapp 50 Kilometer entfernt entstanden. In Meerbusch hat Martin Klocke 2020 Sherpa Watches gegründet.
Die Produkte des Unternehmens orientieren sich an der Sherpa-Serie der Marke Enicar aus den 1960er Jahren. Der Schweizer Hersteller überlebte die Quarzkrise nicht. Zum Bedauern Klockes: „Diese Modelle waren so einzigartig in Design und Technik, dass ich das Gefühl hatte, sie sollten wieder auf den Markt kommen.“
Das Problem: Die Markenrechte für Enicar liegen bei einer asiatischen Holding. Die reagierte auf ein Kooperationsangebot des 51-jährigen Ingenieurs nicht. Doch er entdeckte ein Schlupfloch: In Europa war die Marke Sherpa nicht geschützt, auch die alten Designs waren frei. Es begann eine monatelange Recherche in eidgenössischen Archiven.
„Mir war anfangs nicht ganz bewusst, wie klein die Zeichen tatsächlich werden.“
Martin Klocke beschäftigte sich intensiv mit der speziellen Technik. Er entschied sich dagegen, seine Hommage in Fernost fertigen zu lassen. Stattdessen hat er sich ein Netzwerk an Designern, Konstrukteuren und Zulieferern in der Region aufgebaut. Alle Komponenten, versichert er, stammen aus Deutschland und der Schweiz. Das Zusammensetzen übernimmt der Pforzheimer Uhrmacher Tobias Renz. Für Klocke ist das Unterfangen ein Abenteuer: Seine berufliche Heimat sind die Kunststoff- und die Automobilindustrie.
Der 51-Jährige ist tibetischer Buddhist. Genau wie ein Großteil der Sherpas, jenes Volk, das vor allem für seine Träger im Himalaya bekannt ist. Deren Gebetsmühlen wollte Martin Klocke in seinen Uhren abbilden. Zum einen, um positive Stimmungen in die Welt zu bringen, zum anderen, um den Sherpas den Ruhm zukommen zu lassen, der ihnen gebühre, jedoch häufig verwehrt bleibe.
Klocke suchte den Kontakt zu seinem nepalesischen Meditationsmeister – und eine Firma, die seinen Plan umsetzen kann. Letzteres gestaltete sich schwierig. Vom Laserhersteller Trumpf wurde er an L-Tec Brabender verwiesen. Den Solingern kam die Anfrage gelegen. Um einen Großauftrag handelt es sich zwar nicht. Die beiden Sherpa-Modelle sind auf jeweils 150 Stück limitiert, eine Uhr kostet fast 6000 Euro. Aber, betont Frank Lipkow: „Wir hoffen, dadurch neue Geschäftsfelder zu erschließen und unser Netzwerk zu vergrößern.“ Bislang liegt der Fokus des rund 20 Mitarbeiter starken Betriebs auf Produkten für die Automobilindustrie, Stahlwaren und Medizintechnik.
Der Einstieg ins Uhrengeschäft war für L-Tec Brabender eine Herausforderung. „Mir war anfangs nicht ganz bewusst, wie klein die Zeichen tatsächlich werden“, bekennt Frank Lipkow. Einige Versuche waren notwendig, damit die Zeichen in einer von Martin Klocke eigenständig entwickelten Gravurschrift erkennbar sind. Zudem sei die Einrichtung der Maschinen jedes Mal eine Herausforderung.
Der Prozess ist kompliziert. Seine Uhrwerke bezieht Sherpa bei einem Zulieferer. Tobias Renz baut das Anker- sowie das Sekundenrad aus und schickt sie nach Solingen. Dort kommt ein Femtosekundenlaser zum Einsatz. „Das ist mit das schnellste Modell, das es derzeit gibt“, erklärt Frank Lipkow. Filigranarbeit ist gefragt: Die wenige Millimeter großen Zahnräder lassen kaum Spielraum. Ist die Gravur erledigt, setzt der Uhrmacher die Bauteile wieder zusammen – inklusive eines eigens entwickelten Rotors, der ebenfalls in Solingen gelasert wird.
Auch wenn der Weg zur fertigen Uhr steinig war, sind die Beteiligten mit dem Ergebnis zufrieden: Martin Klocke, Frank Lipkow, Tobias Renz und allen voran Sherab Gyaltsen Rinpoche – der Lehrer des tibetischen Buddhismus im fernen Nepal.