Jubiläum

Ebbinghaus-Verbund: Rückschläge können neue Chancen eröffnen

Marco Ebbinghaus sieht das Unternehmen im 100. Jahr seines Bestehens gut aufgestellt.
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Marco Ebbinghaus sieht das Unternehmen im 100. Jahr seines Bestehens gut aufgestellt.
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Das Beschichtungsunternehmen Ebbinghaus-Verbund feiert 100-jähriges Bestehen.

Von Manuel Böhnke

Solingen. Ein Unternehmen, für das es nur nach oben geht? Kaum vorstellbar. Dass Rückschläge dazugehören, mussten Marco Ebbinghaus und seine Vorfahren am eigenen Leib erfahren. Wichtig sei, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Gelingen könne das nur mit „Innovationskraft, Anpassungsfähigkeit und Geschwindigkeit“, zeigt sich der Chef des Ebbinghaus-Verbundes überzeugt. Mit diesen Werten sieht er das Solinger Familienunternehmen auch im 100. Jahr seines Bestehens gut aufgestellt.

Am 21. März 1923 legte Ernst Ebbinghaus den Grundstein. Der Fokus lag zunächst auf dem Oberflächenschutz von Schneidwaren. Der technische Fortschritt erweiterte die Zielgruppe: Mittels Spritzpistolen lackierte Ebbinghaus in den folgenden Jahren auch Fahrrad- und Motorradteile.

Weltwirtschaftskrise und Krieg setzten dem Unternehmen zu. 1950 wendete sich das Blatt mit einem Großauftrag zum Guten: Die Solinger bearbeiteten Transportbehälter für die Bahn. Das Projekt machte einen Umzug nötig. Ab 1952 trieb Erich Ebbinghaus, Sohn des Gründers, die Firmenentwicklung von der Dunkelnberger Straße in Ohligs aus voran. In diese Zeit fielen die ersten Kunden aus der Automobilindustrie. 16 Jahre später trat mit Ernst Paul Ebbinghaus die dritte Generation ins Unternehmen ein. Mit Marco Ebbinghaus folgte 1992 die vierte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die Firma zwei Standorte: an der Dunkelnberger Straße sowie am Höhscheider Weg. Der Neubau in Aufderhöhe machte das 1980 eröffnete Werk in Ransbach-Baumbach obsolet. Doch der Preisverfall in der Automobilindustrie setzte dem Lohnbeschichter zu.

Marco Ebbinghaus leitete einen Paradigmenwechsel ein. 1997 gründete er dafür die Oftec Oberflächentechnik GmbH & Co. KG. Die Gesellschaft unterhält einen Standort in Hagenbach bei Karlsruhe, nahe dem wichtigsten Nutzfahrzeug-Werk Daimler Cryslers. Ein ähnliches Projekt folgte in Graz: Dort beschichtet die Ebbinghaus Styria Coating GmbH Teile für Magna und weitere österreichische Automobilzulieferer. An anderen Orten setzte der Familienbetrieb Beschichtungsanlagen um, die in Verantwortung der Kunden laufen. „Wir bieten unsere Dienstleistung da an, wo diese gebraucht werden.“

Die Fäden für diese Vorhaben hält seit 2002 die Ebbinghaus Verbund GmbH in den Händen. Sie plant und realisiert neue Werke, leistet zudem unter anderem zentrale Verwaltungsdienstleistungen.

Dass der Verbund bis heute aus eigenständigen Unternehmen besteht, machte sich während der Finanzkrise vor knapp 15 Jahren bezahlt. Nur kurz nach dem vollständigen Umzug der Ernst Ebbinghaus GmbH & Co. KG an den Höhscheider Weg musste die Gesellschaft Insolvenz anmelden. Marco Ebbinghaus machte aus der Not eine Tugend. Er rief eine Grundstücksgesellschaft ins Leben und kaufte damit das Gründungswerk an der Dunkelnberger Straße aus der Konkursmasse. Die Pleite war den Verantwortlichen eine Lehre: Bis dahin hatten sie auf Expansion mit Hilfe von Fremdkapital gesetzt. „Heute stemmen wir unsers Projekte größtenteils aus eigenen Mitteln“, sagt Marco Ebbinghaus.

Am heutigen Dienstag möchte er das Firmenjubiläum mit geladenen Gästen an der Dunkelnberger Straße feiern. Der Firmensitz hat sich zu einer der guten Stuben in Ohligs gemausert. Einerseits beheimatet er die rund 15 Mitarbeiter des Ebbinghaus-Verbundes. Unter anderem ist dort das Technikum zu finden, wo für die unterschiedlichen Standorte geforscht und entwickelt wird. Damit werde die Firma ihrem Anspruch gerecht, kein klassischer Lohnbeschichter, sondern ein „Aufgabenlöser“ zu sein. „Innovationskraft ist der Schlüssel.“

Im selben Gebäude befindet sich seit 2016 das Ebbtron. Marco Ebbinghaus hat das frühere Beschichtungswerk in ein modernes Arbeitsumfeld umbauen lassen. Wichtige Impulse dabei lieferte seine Ehefrau Anke. Heute bietet die Fläche Platz für Co-Working, flexibel nutzbare Büros sowie Seminare und Events. Mirko Novakovic ging dort mit seinem später an IBM verkauften Start-up Instana wichtige Schritte, heute gehört die private Hochschule CBS zu den Mietern.

Das frühere Beschichtungswerk an der Dunkelnberger Straße bietet heute ein modernes Arbeitsumfeld.

Für das Ebbtron ist Ebbinghaus’ 28-jährige Tochter Katrin Kronenberg verantwortlich. Sie hat sich ebenso wie ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Alexander Ebbinghaus für eine Karriere im elterlichen Betrieb entschieden. Stück für Stück möchte der 60-jährige Marco Ebbinghaus ihnen die Verantwortung übertragen.

Über alle Standorte und Gesellschaften hinweg zählt der Verbund rund 225 Beschäftigte, hinzukommen flexible Kräfte wie Leiharbeiter. Zu 70 Prozent fertigen sie für die Automobilbranche, der Rest entfällt auf andere Industriezweige und das Baugewerbe.

Dass sich der Automotive-Bereich verändert, sieht Marco Ebbinghaus nicht als Gefahr an. „Die Transformation macht mir keine Sorgen“, betont er. Zum einen sei der Verbund derzeit auf krisensichere Projekte fokussiert – Nutz- und Luxusfahrzeuge. Andererseits müsse der Betrieb kein Produkt am Markt gegen Innovationen verteidigen, sondern lediglich seine Dienstleistung anpassen. Das gelinge. Unter anderem beschichte man inzwischen Bauteile für Elektrofahrzeuge. Andere Aufträge, etwa das Bearbeiten von Aufhängung und Fahrwerk, tangiert die Antriebswende nicht.

Die räumliche und organisatorische Nähe zu den Originalausrüstungsherstellern bedinge, dass die Ebbinghaus-Gesellschaften fester Bestandteil dortiger Prozesse sind. Digitalisierung und Automatisierung sollen dazu beitragen, diesen Kunden auch in Zukunft attraktive Angebote machen zu können.

Eine Lehre haben die Solinger aus ihrer wechselvollen Geschichte gezogen: Welche Herausforderungen warten, kann niemand vorhersagen. Dennoch blickt Marco Ebbinghaus optimistisch nach vorne. „Wir erleben einen ständigen Wandel. Wichtig ist, flexibel im Kopf zu bleiben“, betont er. Dann könnten sich auch neue Geschäftsfelder ergeben, wie das Beispiel Ebbtron beweist. Entscheidend sei, sich bietende Chancen zu ergreifen.

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