In Remscheid entstehen pro Jahr bis zu 80.000 Rätsel

Remscheider bringt halb Deutschland zum Grübeln

Jens von Berg und seine Abnehmer: Nahezu die komplette deutschsprachige Verlagslandschaft kauft Rätsel in Remscheid.
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Jens von Berg und seine Abnehmer: Nahezu die komplette deutschsprachige Verlagslandschaft kauft Rätsel in Remscheid.

Jens von Berg und seine Mitarbeiter versorgen deutschsprachige Verlage von Remscheid aus mit Rätseln aller Art.

Von Sven Schlickowey

Remscheid. Jens von Berg verdient sein Geld damit, dass andere sich den Kopf zerbrechen. Der Remscheider leitet in dritter Generation das Pressebüro von Berg, das Verlage in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit Kreuzwort- und anderen Rätseln versorgt. Bis zu 80 000 Rätsel entstehen in den Redaktionsräumen in der Sieper Straße pro Jahr, auf Wunsch des Kunden auch gleich zu fertigen Magazinen zusammengestellt.

Zahlen, an die in den Anfangstagen des Unternehmens noch nicht zu denken war. Firmengründer Günther Lackner, Jens von Bergs Großvater, und auch seine Mutter Hannelore stellten die Rätsel noch von Hand zusammen. „Es gab ein Leerdiagramm, das nach und nach gefüllt wurde“, beschreibt der heutige Inhaber das damalige Vorgehen. Die dafür notwendigen Wörter habe seine Muter im Kopf gehabt, einziges Hilfsmittel sei zunächst ein Duden, später auch ein Rätsel-Lexikon gewesen. Der erste Computer hielt 1978 Einzug in dem Remscheider Pressebüro. Anfangs aber nur, um Dubletten in den Rätseln zu vermeiden.

Heute füllt der PC längst das Diagramm mit passenden Wörtern oder je nach Rätseln auch mit Zahlen. „Anders geht das nicht mehr“, sagt Jens von Berg. Auch weil die Preise über die Jahre erheblich gefallen seien. Statt vom Gedächtnis von Mutter Hannelore lebt die Firma heute von einer eigens erstellten Software. Und einer riesigen Wörter-Datenbank, aus der sich das Programm bedient.

Drei, vielleicht vier große Rätselanbieter gebe es derzeit auf dem deutschsprachigen Markt, berichtet Jens von Berg, der sein eigenes Unternehmen als Qualitätsführer sieht. So würden 3,5 der 13 Stellen im Unternehmen allein auf das Lektorat entfallen. „Die prüfen wirklich jedes Rätsel.“ Schließlich würden Fehler schnell den Spaß an der Sache verderben. „Der Rätsler ist ein sehr penibler Leser.“

Zum Erfolg gehöre zudem die Innovationsfähigkeit des Teams, sagt der 39-Jährige: „Viele Rätselarten, die heute sehr beliebt sind, wurden hier erfunden.“ Darunter unter anderem das Schwedenrätsel mit Zahlen und die Trickkiste, bei der die gesuchten Wörter vor- wie rückwärts laufen können. 2017 kam zuletzt das Algeni hinzu, das zwar wie ein normales Kreuzworträtsel aussieht, aber eine besondere Tücke birgt: Das gesuchte Wort kann in jedem Buchstabenkästchen der Reihe beginnen.

Angefangen hat das alles 1960, als sich Günther Lackner selbstständig machte. Schnell gewann er die Bild am Sonntag als Kunde, der er regelmäßig ein Schwedenrätsel lieferte, also ein Kreuzworträtsel, bei dem die Fragen in den Kästchen stehen. Einige Jahre später gründete der Burda Verlag auf Lackners Vorschlag hin die Freizeit Revue, ein Boulevardmagazin für die Zielgruppe ab 50 Jahre – und mit vielen Rätseln. Heute gehören zudem die Funke Mediengruppe, Bastei Lübbe oder auch der Deutsche Rätselverlag zu den Kunden des Pressebüros von Berg.

Geliefert werden die Rätsel druckfertig, früher auf Film, seit Jahren schon digital. Mal einzeln, mal als fertig gestaltete Seite oder gleich als komplettes Magazin inklusive Text und Bild. Die Rätsel könnten je nach Kundenwunsch angepasst werden, erklärt Jens von Berg. Bestimmte Lösungswörter, Platz für Anzeigen oder eine jahreszeitlich angepasste Gestaltung seien kein Problem. Für Kundenmagazine baue man zudem häufig Produktnamen des Anbieters als gesuchte Wörter ins Rätsel ein. „Das machen wir von Hand, der Computer füllt dann den Rest.“

So sehr die Produktion der Rätsel inzwischen digital geschieht, Jens von Berg ist studierter Informatiker, gerätselt wird meist noch althergebracht auf Papier. Für die meisten Rätselarten existiere längst eine Umsetzung für Tablet und Smartphone, sagt der Inhaber. „Aber das sind bislang nur Nebenprodukte.“

Vielleicht auch, weil der Rätsel-Fan im Schnitt etwas älter ist. Denn die meisten Menschen entdecken das Rätseln erst in ihrer zweiten Lebenshälfte als Hobby. Und das aus gutem Grund, wie Jens von Berg meint: „Studien zeigen, dass regelmäßig Kreuzworträtsel zu lösen besser gegen Demenz schützt als Medikamente.“

Hintergrund

Als Geburtsstunde des Kreuzworträtsels gilt der 21. Dezember 1913, als ein Rätsel mit 31 Suchbegriffen in der New York World, einem Blatt aus dem Zeitungsimperium von Joseph Pulitzer, erschien. Als Erfinder gilt der britische Journalist Arthur Wynne. In deutschen Zeitungen erschienen die ersten Rätsel ab 1925.

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