Berufskolleg Technik

Holo Lens: Unterricht in einer gemischten Realität

Redakteur im Selbstversuch: Sven Schlickowey testet die Holo-Lens, die mit Gesten gesteuert wird, Monika Reusmann und Schulleiter Oliver Lang geben Hinweise zur korrekten Verwendung.
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Redakteur im Selbstversuch: Sven Schlickowey testet die Holo-Lens, die mit Gesten gesteuert wird, Monika Reusmann und Schulleiter Oliver Lang geben Hinweise zur korrekten Verwendung.
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Das Remscheider Berufskolleg Technik setzt ab sofort auf die Holo-Lens von Microsoft.

Von Sven Schlickowey

Remscheid. Die Universitätsklinik Balgrist in Zürich nutzt sie für Operationen, Autobauer Ford fürs Designen neuer Fahrzeuge und der Elektronikgroßhändler Rexel hat damit Mitarbeiter in seinen Logistikzentren ausgestattet – nun hat die Holo-Lens auch beim Berufskolleg Technik Remscheid (BRT) Einzug gehalten. Hier soll die Mixed-Reality-Brille aus dem Hause Microsoft im Unterricht eingesetzt werden. Und so auch – quasi durch die Hintertür – zur Digitalisierung des heimischen Mittelstands beitragen.

Für Schulleiter Oliver Lang ist die Anschaffung, mit passendem Rechner und Support immerhin rund 10 000 Euro schwer, eine von vielen, um seine Schule auf Industrie 4.0 vorzubereiten – aber doch auch eine besondere. „Irgendwann wird diese Technik aus dem Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken sein“, prophezeit er. Deswegen sei es wichtig, dass die Schüler möglichst früh damit in Kontakt kommen. Außerdem sei die Brille wirklich beeindruckend. „Jeder, der sie ausprobiert, ist sofort geflasht.“

Die Holo-Lens bietet Mixed oder auch Augmented Reality, also gemischte oder erweiterte Realität. Durch das Visier kann der Nutzer gleichzeitig seine Umgebung und eine 3-D-Projektionen darin wahrnehmen. Dadurch seien die Anwendungsbereiche enorm vielfältig, sagt Lehrerin Monika Reusmann, die das Projekt am Berufskolleg betreut.

Großhändler Rexel nutzt das zum Beispiel bei Sicherheitsrundgängen. Dank der Brille kann sich der Mitarbeiter im riesigen Lager leichter orientieren, verpasst keinen Kontrollpunkt mehr und kann direkt sehen, ob beispielsweise Feuerlöscher am richtigen Platz stehen. Monika Reusmann sieht mögliche Nutzungen in der Instandhaltung, wenn sich per Holo-Lens ein Experte zuschaltet, sehen kann, was der Monteur vor Ort tut, und ihn mit Hinweisen unterstützt, oder auch in der Produktentwicklung.

Dank der Brille können Bauteile nicht mehr nur am Bildschirm betrachtet werden, der Nutzer kann auch virtuell in sie hineingehen, sie drehen und vergrößern, wie es für ihn passt. Und anders als bei Virtueller Realität (VR) lässt sich das auch mit der Umgebung verbinden, so kann zum Beispiel ein neu entwickeltes virtuelles Bauteil auf ein tatsächlich vorhandenes aufgesetzt werden. Passt es nicht, ist es schnell am Computer verändert. Grundlage dafür sind CAD-Programme, die das Berufskolleg schon seit Jahren einsetzt. „Wir können alle 3-D-Daten umwandeln“, erklärt Monika Reusmann.

Diese Technik in den Unterricht einzubinden, habe gleich zwei Aspekte, meint die Lehrerin. Zum einen würden die Schülerinnen und Schüler frühzeitig den Umgang mit einem System lernen, das in vielen Betrieben bald zum Standard gehören könnte. Zum anderen helfe das dreidimensionale Erleben dabei, den Unterrichtsstoff zu verstehen. „Nicht jeder kann sich das so gut vorstellen.“

Karsten Kunert, Leiter der Fachschule für Technik am BTR, denkt dabei sofort an die Azubis zum Technischen Produktdesigner. Aber auch angehende Zerspanungs- und Industriemechaniker könnten von der Holo-Lens profitieren, wie nahezu alle anderen metallverarbeitenden Berufe auch. Und das in der Aus- wie in der Weiterbildung, wie zum Beispiel bei den angehenden Technikern. „Die Anwendungsfelder kommen dann von allein“, ist Kunert überzeugt – und freut sich, dass seine Schule technisch ganz vorne mit dabei ist. „Normalerweise hinken Lehrpläne ja der Technik hinterher, wir sind nun einen Schritt voraus.“

Und davon sollen auch und vor allem die Unternehmen in der Region profitieren, sagt Schulleiter Lang. Der lädt nicht nur Firmen ein, die Holo-Lens am BTR zu testen („Es gibt nur eine Möglichkeit, man muss das Ding mal aufsetzen.“), sondern erwartet auch, dass die Azubis und anderen Schüler ihre Erfahrungen mit in ihre Betriebe nehmen – und so die Digitalisierung vorantreiben: „Das hat sicherlich eine andere Wirkung, als wenn Menschen von außen kommen.“

Hintergrund

Ermöglicht wurde die Anschaffung der Holo-Lens maßgeblich durch die Remscheider Britta-und-Peter-Wurm-Stiftung, mit der das namensgebende Unternehmer-Ehepaar neben Projekten aus den Bereichen Medizin und Musik auch verschiedene Bildungseinrichtungen im Bergischen für MINT-Fächer unterstützt. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Dem Berufskolleg Technik (BRT) hat die Stiftung eine Förderung für insgesamt vier Jahre zugesagt.

Fachlich unterstützt wird das Projekt am BTR zudem von Prof. Frank Lobeck, der an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften der Uni Duisburg-Essen das Fachgebiet Virtuelle Produktentwicklung leitet.

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