Ärger mit Schlüsseldiensten: Einmal Tür öffnen für 805,63 Euro

Symbolfoto: dpa
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Remscheid. Da saß sie endlich wieder in ihrer Wohnung und dachte, der größte Schreck des Tages wäre vorbei - da zückt der Mann vom Schlüsseldienst seinen Taschenrechner und präsentiert der Seniorin die Rechnung: 805,63 Euro soll die 80-Jährige vom Kremenholl bezahlen, sofort per EC-Karte: "Ich hab gedacht ich stehe vorm Herzinfarkt."

Sie hatte die Haustür hinter sich zu fallen lassen, der Schlüssel steckte von innen. An einem ganz normalen Werktag, zu ganz normalen Geschäftszeiten, hatte sie deshalb den Schlüsseldienst gerufen - und extra darauf geachtet, in den "Gelben Seiten" eine Adresse aus Remscheid auszuwählen. Doch der Mann öffnete nicht vorsichtig die Tür, sondern habe den Knauf ab- und dann das ganze Schloss aufgebrochen.

Hinter der Schlüsseldienst-Adresse mitten in der Remscheider City verbirgt sich lediglich eine Zentrale, wie beim Anruf des RGA dort deutlich wird: Man wird an eine Hotline-Nummer verwiesen. Ein Ladenlokal gebe es derzeit leider nicht in Remscheid; man arbeite aber mit mehreren Subunternehmern zusammen in Neuss. Und natürlich auch in Remscheid, wie es auf Nachfrage heißt. Einzelfälle könne man aus der Ferne schlecht beurteilen. Die Monteure sollten die Kunden vorher über den Preis aufklären. Wem dies zu teuer sei, könne sie wieder weg schicken und müsse nur 30 Euro Anfahrt bezahlen.

Doch: Ihr habe man nur gesagt, dass sie eine Pauschale von 159 Euro zahlen solle, sagt die Remscheiderin. Über die weiteren Kosten sei nicht gesprochen worden. Sie ist deshalb entrüstet über solches Vorgehen und hat sich einen Anwalt genommen.

Hiesige Betriebe ärgern sich:Jeder kann Gewerbe anmelden

Die Verbraucherzentralen haben immer wieder mit verärgerten Schlüsseldienst-Kunden wie der Remscheiderin zu tun. Und auch eingesessene Unternehmer wie Lothar Gühler (Schlüsseldienst Konnertz) und Manfred Heinz in Remscheid ärgern sich über schwarze Schafe in ihrer Branche. Egal welche Arbeit notwendig war - 805 Euro halten sie für überzogen. "Es hängt immer vom Aufwand ab", sagt etwa Manfred Heinz. Fürs Öffnen einer zugefallene Tür hält er aber 60 Euro für realistisch. Sollte es ein komplizierterer Beschlag sein, bei dem der Zylinder gezogen werden muss, vielleicht 120 Euro. Ähnliche Summen nennt Lothar Gühler. Dass das ganze Schloss aufgebrochen werden muss, wie es bei der Remscheiderin geschah, halten beide für nicht fachgerecht.

"Das Problem ist, dass heute jeder zum Amt gehen kann und ein Schlüsseldienst-Gewerbe anmelden kann, ganz ohne Qualifikation", sagt Lothar Gühler. Zuletzt hatte er eine Kundin, die über Ruf-Weiterschaltungen an eine Hotline für 2 Euro je Minute geraten war. Gühler rät, sich vorsorglich einen Schlüsseldienst des Vertrauens zu suchen.

TIPPS AUF EINEN BLICK

VORBEUGEN Seriösen Anbieter in Remscheid suchen, Name für den Notfall merken. Ersatzschlüssel bei Nachbarn oder an sicherem Ort deponieren.

LIEBER INS HOTEL Kennt man keinen seriösen Anbieter, kann es günstiger werden, für eine Nacht ins Hotel oder auf die Couch zu Bekannten zu ziehen, um den nächsten Tag abzuwarten.

TELEFONBUCH Vorsicht vor Unternehmen, die sich in der Liste nach oben mogeln mit Zusätzen wie AAA vor dem Namen.

NICHT ZAHLEN Bei Zweifeln Zahlung verweigern, um Zeit zu gewinnen. Ggf. Polizei rufen. (Quelle: Verbraucherzentrale)

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