Zeit ist relativ

Wie viel Uhr ist es auf dem Mond? Diskussion über einheitliche „Mondzeit“

Auf dem Mond gibt es keine einheitliche „Mondzeit“ – noch nicht. Mit der zunehmenden Erforschung des Mondes und Mondstationen wird die Zeit wichtig.

Kassel – Der Mond steht derzeit im Fokus der Raumfahrt – die US-Raumfahrtorganisation Nasa will 2025 die nächsten Menschen dort landen lassen und auch China will eines Tages Personen zum Erdtrabanten bringen. Doch bis es so weit ist, müssen noch zahlreiche Probleme gelöst und Hindernisse beseitigt werden. Eins davon klingt im Vergleich zu Raumanzügen, die entwickelt werden müssen und Mondlandefähren und Raketen, die erstmals Menschen transportieren sollen, verhältnismäßig unwichtig und leicht zu lösen: die Uhrzeit auf dem Mond.

Doch tatsächlich ist das Thema für die künftige Erforschung des Mondes äußerst wichtig. Bisher gibt es auf dem Mond keine einheitliche Uhrzeit. Findet eine Mondmission statt, orientiert sich diese an der koordinierten Weltzeit (UTC). Das mag funktionieren, solange einzelne Missionen unabhängig voneinander den Mond erkunden – doch sobald mehrere Raumfahrzeuge zusammenarbeiten sollen, wird das schwierig. Beinahe unmöglich wird das Fehlen einer einheitlichen Zeit, wenn in Zukunft tatsächlich eine geplante Mondstation errichtet wird und sich zahlreiche Menschen und Raumfähren gleichzeitig auf dem Mond aufhalten.

Der Mond – Ein Himmelskörper, viele Facetten

Kein Himmelskörper verändert sein Aussehen so häufig wie der Mond an unserem Himmel. Mal strahlt er als Vollmond so hell, dass die Nacht erleuchtet wird, mal scheint er nur eine schmale Sichel zu sein, die kaum noch sichtbar ist. Die Faszination Mond in Bildern.
Kein Himmelskörper verändert sein Aussehen so häufig wie der Mond an unserem Himmel. Mal strahlt er als Vollmond so hell, dass die Nacht erleuchtet wird, mal scheint er nur eine schmale Sichel zu sein, die kaum noch sichtbar ist. Die Faszination Mond in Bildern. © Imago/MiS
Der Mond bewegt sich recht schnell am Himmel. Im Osten geht er auf und bewegt sich im Laufe der Zeit über den Himmel, bis er im Westen wieder untergeht.
Der Mond bewegt sich recht schnell am Himmel. Im Osten geht er auf und bewegt sich im Laufe der Zeit über den Himmel, bis er im Westen wieder untergeht. © Imago/Alan Dyer
Diese Aufnahme zeigt den Mond etwa zur Hälfte beleuchtet. Der Mond nimmt zu – in den kommenden Tagen wird er immer voller werden, bis er als heller Vollmond am Himmel strahlt.
Diese Aufnahme zeigt den Mond etwa zur Hälfte beleuchtet. Der Mond nimmt zu – in den kommenden Tagen wird er immer voller werden, bis er als heller Vollmond am Himmel strahlt. © Imago/Gottfried Czepluch
In den Tagen rund um Vollmond kann man bei Mondauf- und -untergang ein eindrucksvolles Phänomen beobachten: die Mondtäuschung. Befindet sich der Mond tief am Horizont und in der Nähe von Objekten, erscheint er deutlich größer, als er tatsächlich ist.
In den Tagen rund um Vollmond kann man bei Mondauf- und -untergang ein eindrucksvolles Phänomen beobachten: die Mondtäuschung. Befindet sich der Mond tief am Horizont und in der Nähe von Objekten, erscheint er deutlich größer, als er tatsächlich ist. © Imago/Riccardo Fabi
Ein anderes Phänomen – der sogenannte Supermond – macht den Vollmond am Himmel tatsächlich etwas größer. Der Vollmond befindet sich dann auf seiner Umlaufbahn etwas näher an der Erde als sonst, was regelmäßige Mond-Beobachter am Himmel erkennen können. Auch das Licht des Mondes erscheint dann heller.
Ein anderes Phänomen – der sogenannte Supermond – macht den Vollmond am Himmel tatsächlich etwas größer. Der Vollmond befindet sich dann auf seiner Umlaufbahn etwas näher an der Erde als sonst, was regelmäßige Mond-Beobachter am Himmel erkennen können. Auch das Licht des Mondes erscheint dann heller. © Imago/Pixsell
Das wohl spannendste Phänomen rund um den Mond ist jedoch die Mondfinsternis. Auf diesem Bild ist die Mondfinsternis aus dem November 2022 zu sehen. Der Mond wandert dabei durch den Schatten der Erde im Weltraum und wird von diesem teilweise verdeckt. Verschwindet der Mond komplett im Schatten, wird er zum sogenannten „Blutmond“ – er strahlt für kurze Zeit rostrot.
Das wohl spannendste Phänomen rund um den Mond ist jedoch die Mondfinsternis. Auf diesem Bild ist die Mondfinsternis aus dem November 2022 zu sehen. Der Mond wandert dabei durch den Schatten der Erde im Weltraum und wird von diesem teilweise verdeckt. Verschwindet der Mond komplett im Schatten, wird er zum sogenannten „Blutmond“ – er strahlt für kurze Zeit rostrot. © Imago/ANE Edition
Auch die schmale Mondsichel ist ein interessanter Anblick. Wer den Mond täglich beobachtet sieht, wie sie langsam wächst, bis sie zum Halb- und dann zum Vollmond wird.
Auch die schmale Mondsichel ist ein interessanter Anblick. Wer den Mond täglich beobachtet sieht, wie sie langsam wächst, bis sie zum Halb- und dann zum Vollmond wird. © imago/Silas Stein
An manchen Tagen kann man neben der schmalen Mondsichel auch den sogenannten „Erdschein“ sehen. Obwohl nur die schmale Sichel vom Licht der Sonne beleuchtet ist, sieht man auch den unbeleuchteten Teil des Mondes ganz schwach. Er wird vom Licht, das die Erde reflektiert, beleuchtet.
An manchen Tagen kann man neben der schmalen Mondsichel auch den sogenannten „Erdschein“ sehen. Obwohl nur die schmale Sichel vom Licht der Sonne beleuchtet ist, sieht man auch den unbeleuchteten Teil des Mondes ganz schwach. Er wird vom Licht, das die Erde reflektiert, beleuchtet. © Imago/Jon G. Fuller
Die abnehmende Mondsichel. In wenigen Tagen wird der Mond vom Himmel komplett verschwunden sein, um kurz darauf wieder als schmale Mondsichel aufzutauchen. Die Mondsichel erscheint dann gespiegelt.
Die abnehmende Mondsichel. In wenigen Tagen wird der Mond vom Himmel komplett verschwunden sein, um kurz darauf wieder als schmale Mondsichel aufzutauchen. Die Mondsichel erscheint dann gespiegelt. © Imago/imagebroker
Auf dem Mond gut zu erkennen sind unter anderem Krater und die Mare, Mondmeere – die großen dunklen Flecken auf der Mondoberfläche.
Auf dem Mond gut zu erkennen sind unter anderem Krater und die Mare, Mondmeere – die großen dunklen Flecken auf der Mondoberfläche. © imago/Deutzmann
Der Mond umkreist die Erde, was man auf diesem Bild namens „Earthrise“ besonders eindrücklich erkennen kann. Aufgenommen wurde es von der Crew der Nasa-Mission „Apollo 8“, die den Mond an Weihnachten 1968 umkreiste.
Der Mond umkreist die Erde, was man auf diesem Bild namens „Earthrise“ besonders eindrücklich erkennen kann. Aufgenommen wurde es von der Crew der Nasa-Mission „Apollo 8“, die den Mond an Weihnachten 1968 umkreiste. © imago/Nasa
Die Mondoberfläche ist staubig, wie die Nasa-Astronauten, die dort in den Jahren 1969 bis 1972 landeten, herausfinden mussten. Ein Teil der Astronauten konnte mit Rovern über die Mondoberfläche fahren.
Die Mondoberfläche ist staubig, wie die Nasa-Astronauten, die dort in den Jahren 1969 bis 1972 landeten, herausfinden mussten. Ein Teil der Astronauten konnte mit Rovern über die Mondoberfläche fahren. © Imago/UIG
Auf dem Mond ist die Schwerkraft geringer als auf der Erde, weshalb die Astronauten dort unter anderem große Sprünge machen konnten. Auf dieser Aufnahme untersucht der Nasa-Astronaut Harrison H. Schmitt im Dezember 1972 einen großen Gesteinsbrocken auf dem Mond.
Auf dem Mond ist die Schwerkraft geringer als auf der Erde, weshalb die Astronauten dort unter anderem große Sprünge machen konnten. Auf dieser Aufnahme untersucht der Nasa-Astronaut Harrison H. Schmitt im Dezember 1972 einen großen Gesteinsbrocken auf dem Mond. © imago
Diese Aufnahme der Nasa-Raumsonde „Orion“ zeigt es noch einmal sehr schön: Der Mond umkreist die Erde. Bei der nächsten Mission einer „Orion“-Kapsel sollen sich Menschen an Bord befinden und den Mond umkreisen. Frühestens 2025 sollen wieder Menschen den Mond betreten, plant die Nasa.
Diese Aufnahme der Nasa-Raumsonde „Orion“ zeigt es noch einmal sehr schön: Der Mond umkreist die Erde. Bei der nächsten Mission einer „Orion“-Kapsel sollen sich Menschen an Bord befinden und den Mond umkreisen. Frühestens 2025 sollen wieder Menschen den Mond betreten, plant die Nasa. © Imago/Cover-Images

Mond-Uhrzeit spielt auch eine Rolle bei der Satellitennavigation

Nicht nur die Zusammenarbeit auf dem Mond wird schwierig, wenn die Uhrzeit nicht koordiniert wird – auch die Ortung ist problematisch. Satellitennavigation basiert auf Zeit: Der Standort wird im Zusammenspiel dreier Satelliten ermittelt – die Zeit, die Signale von drei Satelliten zu dem Standort benötigen, ergibt die Position. Ohne eine universell gültige Zeit ist das nicht machbar.

Das Problem ist also klar – nur die Lösung ist nicht eindeutig, wie das Magazin Nature berichtet: Uhren auf dem Mond und auf der Erde ticken in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, weil die beiden Himmelskörper unterschiedliche Schwerkraftfelder haben. Dieses Phänomen hängt mit der Relativitätstheorie zusammen, die besagt, dass Uhren in stärkeren Gravitationsfeldern langsamer ticken.

Nasa-Astronaut Eugene Cernan erkundet 1972 mit dem Lunar Roving Vehicle den Mond. Bei Mondmissionen wird bisher immer die koordinierte Weltzeit UTC herangezogen. Das soll sich ändern. (Archivbild)

Uhren ticken auf dem Mond etwas schneller als auf der Erde

Eine Uhr auf dem Mond würde innerhalb von 24 Stunden 56 Mikrosekunden schneller ticken als eine Uhr auf der Erde. Außerdem ist die Uhrzeit abhängig von der Position auf dem Mond. „Das ist ein Paradies für Relativitäts-Fachleute, weil man so viele Dinge berücksichtigen muss“, erklärt Patrizia Tavella aus der Abteilung „Zeit“ des Internationalen Büros für Maß und Gewicht (BIPM) gegenüber Nature.

Weil die Zeit auf Mond und Erde etwas unterschiedlich verläuft, ist es möglich, die offizielle „Mondzeit“ mit der irdischen Zeit zu synchronisieren – oder auch nicht. Im November 2022 hat ein erstes Treffen internationaler Raumfahrtorganisationen und akademischer Einrichtungen stattgefunden, um Empfehlungen zu erarbeiten, wie die „Mondzeit“ künftig koordiniert werden könnte.

Auf dem Mond ticken die Uhren etwas schneller als auf der Erde. (Archivbild)

Wie viel Uhr ist es auf dem Mond? Entscheidungen müssen getroffen werden

Tavella betont, dass bald Entscheidungen getroffen werden müssen. Wenn es nicht bald eine offizielle „Mondzeit“ gebe, würden Raumfahrtorganisationen und private Firmen mit ihren eigenen Lösungen arbeiten. „Deshalb wollen wir jetzt eine Warnung aussprechen und sagen: Lasst uns zusammenarbeiten, um eine gemeinsame Entscheidung zu treffen“, so Tavella.

Monde in der Forschung

Die Forschung interessiert sich nicht nur für den Mond, der die Erde umkreist. Auch der Mars-Mond Phobos ist ein Thema oder der Saturn-Mond Enceladus.

Ab etwa 2030 wollen Raumfahrtorganisationen ein Satellitennavigations-Netzwerk für den Mond aufbauen. Die europäische Raumfahrtorganisation Esa plant beispielsweise, im ersten Schritt mithilfe von vier Satelliten Navigation am Südpol des Erdtrabanten möglich zu machen. Dort befindet sich das meiste Wasser auf dem Mond – der Südpol ist aktuell das wichtigste Ziel für die künftige Erforschung des Mondes. (tab)

Rubriklistenbild: © Imago/Wolfgang Maria Weber

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